Maulkorb auf dem Balkon

■ Wohnungseigentümer müssen politische Transparente mit anderen Hausbewohnern abstimmen / Hausfassade ist Gemeinschaftseigentum / Mieter müssen weiterhin schweigen

Wohnungseigentümer dürfen nicht mehr ohne weiteres politische Transparente an ihren Fenstern oder ihrem Balkon befestigen. Das Berliner Kammergericht untersagte einem Wohnungsbesitzer, Stofftransparente mit Anti-Atom-Parolen auf seinem Balkon anzubringen. Die anderen Hausbewohner hatten gegen den Atomkraftgegner geklagt.

In dem Urteil hieß es, die Hausfassade sei nicht Eigentum des einzelnen, sondern Gemeinschaftseigentum aller Wohnungseigentümer. Wer Transparente mit geschäftlichen oder politischen Inhalten anbringen will, muß in einer Abstimmung zumindest die Mehrheit der anderen Mieter hinter sich haben. (AZ: Berliner Kammergericht 24 W 4716/87)

Dieses Urteil schafft jedoch keine neue Rechtslage in der Frage, ob Mieter Transparente aufhängen dürfen. Es bezieht sich lediglich auf das „Binnenverhältnis der Eigentümerschaft“. Ob Mieter Transparente an ihre Fenster hängen können, bleibt nach wie vor umstritten. In der bisherigen Rechtsprechung wurde unterschieden, ob die Meinungsäußerungen auf den Transparenten Mietinteressen betreffen oder ob es sich um allgemeine politische Aussagen handelt. Politische Aussagen seien prinzipiell unzulässig.

E.K.