Wer einmal „auffällt“...

■ Weiterhin Speicherung von Volkszählungsboykotteuren in Terrorismusdatei APIS Mindestens sechs Personen erfaßt, weil sie vorher bei Demonstrationen „auffielen“

Um Volkszählungsgegner in der bundesweit zugänglichen Terrorismusdatei APIS (Allgemeines Polizeiliches Informationssystem) gespeichert zu halten, werden nicht allein Straftaten in Zusammenhang mit der Volkszählung berücksichtigt.

Darauf hat sich nach einer zweiten Überprüfung und anfänglichen Einwänden der Datenschutzbeauftragte Kerkau mit Innensenator Kewenig geeinigt. Mindestens sechs Personen müssen in APIS gespeichert bleiben, weil sie überregional polizeilich „auffielen“. Nach Auskunft des zuständigen Mitarbeiters des Datenschutzbeauftragten, Zabel, laufen gegen diese Personen Ermittlungen im Zusammenhang mit Demonstrationen in Brokdorf, Wackersdorf und an der Startbahn West. Wie berichtet, hatte der Innensenat zunächst die Speicherung von insgesamt 75 Volkszählungsgegnern veranlaßt. Davon hatte der Datenschutzbeauftragte jedoch nur elf Fälle als rechtmäßig anerkannt und die Löschung aller übrigen Personendaten verlangt. Dagegen intervenierte allerdings Innensenator Kewenig und ließ neun Personen mit dem Hinweis auf überregionale Straftaten wieder in die APIS -Datei aufnehmen. Diese neun Fälle hat der Datenschutzbeauftragte jetzt überprüft. In drei Fällen sieht er aber nach wie vor keine Notwendigkeit zur Speicherung. Das Aktenstudium, so Zabel, habe ergeben, daß es sich um Delikte von geringer strafrechtlicher Bedeutung handele wie etwa eine Hausbesetzung. Beim Innensenat hieß es unterdessen, daß man eine Stellungsnahme der Polizei abwarten und dann über die drei strittigen Fälle entscheiden wolle. Das APIS-System, eine reine „Verdachtschöpfungsdatei“, wird in Berlin vom polizeilichen Staatsschutz betrieben.

Lena Schraut vom AL-Datenschutzbereich bezeichnete die Speicherung von Volkszählungsgegnern als ein „Schachern zwischen Innensenat und Datenschutzbeauftragten“. Der sonst so hochgeschätzte mündige Bürger werde bei jedem sich bietenden Anlaß als potentieller Staatsfeind registriert. Es sei erschreckend, daß der Datenschutzbeauftragte sich daran beteilige und nicht auf die Löschung aller Volkszählungsgegner dränge.

bim