Keine Zukunft auf den Trümmern

Auszüge aus dem Papier des PLO-Sprechers Bassam Abu Sharif zu den Aussichten einer palästinensisch-israelischen Lösung  ■ D O K U M E N T A T I O N

Alles, was bisher über den Konflikt im Nahen Osten gesagt wurde, konzentrierte sich auf die Differenzen zwischen Palästinensern und Israelis, und ignorierte die Aspekte, in denen völlige Übereinstimmung herrscht. (...)

Schiebt man Furcht und Mißtrauen, mit denen substantielle Themen überlagert waren, beiseite, so stellt sich heraus, daß Palästina und Israel über Mittel und Wege generell übereinstimmen: Israels Ziele sind dauerhafter Friede und Sicherheit, und dies sind auch die Ziele des palästinensischen Volkes. Niemand kann die leidvolle, jüdische Geschichte besser nachempfinden als die Palästinenser. Wir wissen, was es heißt, staatenlos und Zielscheibe von Furcht und Vorurteilen anderer Nationen zu sein. (...) Wir glauben, daß kein Volk, weder das jüdische noch das palästinensische, die Mißachtung und die Rechtlosigkeit, die die Heimatlosigkeit unweigerlich nach sich zieht, verdient hat. (...) Niemand kann seine Zukunft auf den Trümmern eines anderen aufbauen. (...)

Die Israelis wollen Sicherheit und dauerhaften Frieden über den Weg direkter Gespräche erlangen, ohne daß eine Lösung von einer außenstehenden Partei durchgesetzt oder verhindert wird.

Die Palästinenser befürworten diese Haltung, sie sehen keine andere Möglichkeit, den Konflikt zu lösen als durch direkte Gespräche der am Konflikt beteiligten Parteien. Wir glauben, daß jede Lösung, die von einer außenstehenden Partei aufgezwungen wird, eine Lösung ist, die von beiden kriegsführenden Parteien nicht akzeptiert werden kann. (...) Die Palästinenser würden sich selbst belügen, wenn sie glaubten, daß ihre Probleme mit den Israelis durch Verhandlungen mit Nicht-Israelis, einschließlich der Vereinigten Staaten, gelöst werden könnten. Auch die Israelis und US-Außenminister George Shultz (...) würden sich selbst belügen, wenn sie glaubten, daß Israels Probleme mit den Palästinensern in Verhandlungen mit Nicht -Palästinensern, einschließlich Jordanien, gelöst werden könnten.

Die Palästinenser würden gern ihren israelischen Vermittler wählen. Wir zweifeln nicht daran, daß wir mit der Peace-Now -Bewegung innerhalb eines Monats zu einer befriedigenden Lösung kommen könnten. Wir wissen aber, daß ein Abkommen mit der Peace-Now-Bewegung kein Abkommen mit Israel wäre. Da wir aber eine Übereinkunft mit Israel anstreben, sind wir bereit, mit der Arbeiterpartei Shimon Peres‘, dem Likud -Block Yitzhak Shamirs oder jedem anderen, den die Israelis zu ihrem Vertreter wählen, zu verhandeln.

Die Israelis und Herr Shultz würden ebenfalls lieber mit Palästinensern ihrer Wahl verhandeln. Für sie wie für uns ist es aber zwecklos, mit jemandem zu verhandeln, der kein Mandat zu Verhandlungen besitzt. Wenn die Israelis eine Lösung mit den Palästinensern suchen, und davon gehen wir aus, müssen sie mit den Vertretern dieses Volkes verhandeln. Und die Palästinenser haben mit den einzig ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln ihre Vertreter gewählt. Jeder Palästinenser, der von Diplomaten und Journalisten befragt wurde, erklärte unmißverständlich, daß die PLO seine Vertretung sei. Wenn man dies nicht als Ausdruck des freien palästinensischen Willens anerkennen will, sollte man den Palästinensern die Gelegenheit geben, ihren freien Willen in einer Weise auszudrücken, die alle Zweifler überzeugen wird: Durchführung eines international überwachten Referendums in der Westbank und im Ghaza-Streifen, um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, zwischen der PLO und jeder anderen Gruppe von Palästinensern, die Israel oder die Vereinigten Staaten oder die internationale Gemeinschaft nominieren will, zu wählen. Die PLO ist bereit, jedes Ergebnis zu akzeptieren und ihren Platz für jede andere Führung zu räumen, sollte eine solche vom palästinensischen Volk gewählt werden.

Die PLO akzeptiert die Resolutionen 242 und 338 des Weltsicherheitsrates. Was sie davon abhält, dies uneingeschränkt zu tun, ist nicht der Inhalt der Resolutionen, sondern das, was die nicht enthalten: Sie sagen nichts aus über die nationalen Rechte des palästinensischen Volkes, einschließlich seines demokratischen Rechts auf freie Meinungsäußerung und seines Rechts auf nationale Selbstbestimmung. Einzig aus diesem Grund haben wir wiederholt betont, daß wir die Resolutionen 242 und 338 im Zusammenhang mit den anderen UN-Resolutionen akzeptieren, die die nationalen Rechte des palästinensischen Volkes anerkennen. (...)

Die PLO würden jede vernünftige Maßnahme begrüßen, die die Sicherheit ihres Staates und seiner Nachbarn fördern würde, einschließlich der Stationierung einer UN-Streitkraft in einer Pufferzone auf der palästinensischen Seite der israelisch-palästinensischen Grenze. (...)

Wir hoffen, daß die Gelegenheit, die sich heute bietet, nicht vertan wird. Wenn sie vertan wird, so haben wir keine Wahl, als unser Recht auf Widerstand gegen die Besatzung weiter auszuüben. Mit dem letztlichen Ziel, nicht nur unseren Kindern, sondern auch den Kindern der Israelis ein freies, würdiges und sicheres Leben zu garantieren.