Tief Dunkel Traurig

■ Nico ist tot

Das Fotomodell aus Fellinis La Dolce Vita, die Schriftstellerin, die Freundin von Brian Jones, Jim Morrison, Alain Delon, mit dem sie einen 25jährigen Sohn hat, die Sängerin, der Star aus Warholfilmen und „IBM -Computer mit Garbo-Akzent“: „Es ist kompromistisch“, sagt sie in einem ihrer letzten Interviews (am 23.11.87 in der taz), „wenn man immer auf Nummer Sicher geht. Das kann ich nicht. Man muß etwas Neues finden, weil... man da auch verlieren kann... Das mag ich gern.“

Konrad Heidkamp hatte das Interview als eine Art Stream of Consciousness notiert, um ein Uhr morgens, nach dem Konzert. Sie redete so langsam, daß jede Frage wie eine Irritation wirkte, sie ließ sich in ihrem stockenden Redefluß nicht unterbrechen und bemerkte die Frage gewissermaßen erst Minuten später. Sie redete über die Zahl 16 („eine ganz schlechte Nummer“), ihre Gagen („ich krieg 600 Mark am Abend... das ist lächerlich“), ihre Trauer nach Warhols Tod („Was denkst du, warum ich diesen Mantel trage... warum ein ganz schwarzer Mantel. Weil ich weiß, daß er ganz katholisch ist und es gerne haben würde.“)

1967 hat Warhol Christa Päffgen aus Köln mit Lou Reed an der Gitarre, John Cale an der Bratsche, Sterlin Morrison am Baß und Maureen Tucker am Schlagzeug zusammengesteckt. Das gab „Velvet Underground & Nico“, mit viel Feedback und bösen, bösen Texten, das schwarze Gegengift zum Flowerpowerhippietum, und die wichtigsten Wegbereiter von Punk und New Wave neben Iggy Pop. Nach der ersten Platte verließ Nico die Gruppe und machte ihr klassisches „Marble Index„-Album und arbeitete mit Tim Buckley und Jackson Browne zusammen. Und dann tourte und tourte sie und sang am Harmonium tief, dunkel und traurig alte Stücke von Lou und neue von Nico. Zuletzt schrieb sie ein Buch, „halb autobiographisch... halb Roman“, das sie nun wohl nicht mehr fertiggekriegt hat.

Im Interview hat sie auch übers Fahrradfahren geredet: „Ich wohne in Manchester, genau gesagt in Preswich. Es ist wie auf dem Land... schön. Und eine schöne Gegend zum Radfahren... und dann regnet es mich an... und dann hole ich mir den Tod.“

Nico verbrachte ihren Urlaub seit einigen Jahren regelmäßig auf Ibiza. Ein Spaziergänger hat sie dort am 18.Juli bewußtlos neben ihrem Fahrrad entdeckt. Sie wurde sofort in ein Krankenhaus gebracht, wo sie wenige Stunden später an einer Gehirnblutung starb. Sie ist 48 Jahre alt geworden.

thc