Notwendige Begrenzung-betr.: "Der Planet als Managementobjekt", taz vom 13.7.88

betr.: „Der Planet als Managementobjekt“, taz vom 13.7.88

Dank Wolfgang Sachs für das Aufzeigen des blinden Auges der Politik des Ressourcen-Managements.

Überprüfen und Begrenzung unserer Bedürfnisse ist in der Tat die aufrichtige Antwort auf die Umweltkrise. Das Problem ist: Wie kommen wir dahin? Ob hier ein Orientieren an bewußtseinsgeschichtlich früheren naturreligiösen Vorstellungen hilft, bezweifle ich. Das Bild von der Mutter Erde mag die so notwendige Ehrfurcht vor der Natur hervorrufen. Ob indessen mit dem daraus resultierenden Bewußtsein vom Kindsein des Menschen, die geschichtlich neuen Herausforderungen zu meistern sind, stelle ich in Frage. Die Scheu und die damit verbundene Bedürfnisbeschränkung naturreligiöser Bewußtseinsformen beruht auf kindlichem Nicht-Verstehen. Die Emanzipation des abendländischen Bewußtseins von Mutter Natur kann ohne langfristigen Schaden für Mensch und Natur nicht rückgängig gemacht werden.

Sinnvoller scheint mir, einen Schritt weiter zu gehen. Die zu Recht eroberte Freiheit und Souveränität versteht sich erst dann voll, wenn sie ihre Verantwortung gegenüber der Natur wahrnimmt. Die sogenannten Christen, denen die Natur Ausbeutungsobjekt für ihre schrankenlosen Bedürfnisse war, vergaßen jene Aussagen des Paulus, nach denen die Natur ihre Erlösung findet im freien Menschen (Röm. 8). Aus dem Kontext wird deutlich, daß Freiheit nicht bedeutet, sich der Natur wie eines Vorratslagers zu bemächtigen, sondern mühsam sich selbst zur Reife zu bringen und damit auch die Bedürfnisse zu verändern.

Das Problem besteht darin, daß dieses geistig-seelische Arbeitsfeld übersehen wird. So rutschen diese Antriebe nach außen. Hier wirken sie zerstörerisch, weil etwas, das seinem Wesen nach auf Unendliches gerichtet ist, sich im Feld der Endlichkeit (Natur, Materie) austobt. Ich meine: Erst wenn wir wahrnehmen, daß auf der seelisch-geistigen Ebene unbegrenztes Wachstum, unendliche Produktion und Konsumption möglich ist, gelangen wir bezüglich der materiellen Bedürfnisse zur notwendigen Begrenzung.

Ansgar Liebhart, Stuttgart 50