SNELLER ZWINJEN

■ Die „Boegis“ am Samstag im KOB

Alle reden jetzt vom Fußball, vom nationalen Trauma: Ob denn die holländischen Anarcho-Bands wohl so gut seien wie die dortige Fußballmannschaft, fragte man sich simultan in 'Zitty‘ und taz. Was soll der Unsinn. Ein Land, das Autoren wie Wetering, Städte wie Moers und Schnäpse wie Genever hervorbringt, braucht so einen Schmonz nicht.

Aber Berlin braucht eine Band wie die „Boegis“. Eine Band, die Biertrinken nicht mit kugeligen Bäuchen und Händen wie ein Wurstsortiment verwechselt, die einen Pflastersteinexport nicht für die Revolution hält. Eine Kapelle, die statt männlich-herbem „One-two-three-four„ -Gedöns ihre Songs mit einem gemütlichen „Na ja, dann fangen wir halt an“ beginnt. Musik, bei der sich T-Shirts in Fliegenfänger verwandeln, und prompt die Lüftungsanlage ausfällt. Die Stimmung erzeugt, bei der der Sauna-Vergleich eher unterkühlt wirken würde und bei der man frisch‘ztluft‘ztheischend draußen auf der Bank sitzen kann, ohne ans Dorffest zu denken. Oder verzweifelt versucht, die Zuckungen in den Unterschenkeln zu koordinieren, während der Sänger im unscheinbaren Mantel die Bühne in baupolizeilich nicht genehmigte Schwingungen versetzt.

Die vierköpfige Anachronismus-Überraschung aus den Niederlanden wird zu den Analen der Rockgeschichte genauso wenig beitragen wie ein Liter Eiscreme zur Entspannungspolitik, aber falls jemand vorhat, seine Bekannten bei der nächsten Fete aus dem Sting-Houston-Sade -Brei zu befreien, sollte er vorher eine „Boe‘ztgis„-Platte erstehen. Es soll sein Schaden nicht sein. Einige mögen vielleicht schon von den Toy Dolls und artverwandter Drei -Akkord-Musik gehört haben, die werden angenehm überrascht sein, den anderen kann man immer noch auf die Füße treten. Schütten Sie Ihren Freunden Bier ins Gesicht, gehen Sie über „Los“ und ziehen Sie sich diese Musik rein. Beten Sie vor Ihrem Sid-Vicious-Schrein darum, daß dieses Witzboldquartett noch mal nach Berlin kommt.

rah!

LP „Zwinjen bij candlelight“ auf Top Hole Records.