Bankchef auf Anklagebank

■ Wegen Betrugs an einem Kreditkunden steht seit gestern ein ehemaliger Filialleiter der Bank für Handel und Industrie (BHI) vor Gericht

Gestern begann vor dem Landgericht der Prozeß gegen den ehemaligen Filialleiter der Bank für Handel und Industrie (BHI) am Hagenplatz, Werner T. Das Gericht muß klären, ob er den Kaufmann Horst Sch. und dessen inzwischen verstorbenen Partner bei der Abwicklung eines Kredits für einen Grundstückskauf betrogen und in einem früheren Verfahren eine falsche Zeugenaussage gemacht hat (die taz berichtete am 22.Juli). Als Zeugen wurden gestern der Filialleiter selbst und der Kreditgeschädigte Kaufmann Horst Sch. gehört.

Ende Mai 1978 wollte der Partner des Horst Sch. mit der BHI am Hagenplatz den Kreditvertrag für den Ankauf eines Grundstücks in der Nähe von Ratzeburg abwickeln. Horst Sch. trat mit seiner Firma, einer GmbH, in diesem Geschäft als Bürge für zwei Kredite, zunächst über 50.000 DM und später noch über 640.000 DM, auf. Der Grundstückskauf platzte schließlich, weil die Bank den Kredit zu dem versprochenen Termin trotz Bürgschaft nicht gewährte.

Doch schon kurz darauf hatte das Grundstück einen neuen Besitzer. Es war der damalige Filialleiter der Bank, Werner T. Der 43jährige Filialleiter wandte sich gestern gegen den Vorwurf der falschen Zeugenaussage und erklärte dem Gericht erneut, der erste Kredit über 50.000 Mark habe entgegen den Angaben des Zeugen Horst Sch. nichts mit dem Grundstückskauf zu tun gehabt. Von dem Kauf sei erst nach dem 30. Juni die Rede gewesen, sagte der ehemalige Filialleiter, der heute als selbständiger Immobilienkaufmann sein Geld verdient.

Horst Sch., der sich selbst als „kleine Nummer am Rande“ in diesem Prozeß bezeichnet, war den Ratschlägen des Filialleiters gefolgt und hatte für die Kredite gebürgt. Über die unzureichenden finanziellen Verhältnisse seines Partners habe ihn der Banker nie aufgeklärt. Nachdem das Grundstücksgeschäft geplatzt war, wurde Sch. zwar aus der Bürgschaft über 640.000 Mark entlassen, die 50.000 aber, die sein Partner bereits ausgegeben hatte, wollte die Bank von ihm wiederhaben.

Nachdem er erfahren hatte, wer inzwischen das Grundstück besaß, wandte sich Sch. an die Bankenaufsicht, weil er sich betrogen fühlte, außerdem stellte er Strafanzeige.

Seither ermittelt die Kripo und die Staatsanwaltschaft. Zweimal wurde das Verfahren eingestellt. Daß es jetzt wieder aufgenommen wurde ist einer Dienstaufsichtsbeschwerde geschuldet, die der Zeuge Sch. beim Oberstaatsanwalt eingereicht hatte.

Der Prozeß wird am Mittwoch fortgesetzt.

bf