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■ Mit dem Steuerberater Kind steht erneut einer der Skandalfiguren im Bausumpf vor Gericht: diesmal wegen Brandstiftung mit Todesfolge und Versicherungsbetrugs

Ein weiteres Kapitel im Korruptionsskandal wird seit gestern in Moabit verhandelt. Erneut stehen dabei der Steuerberater Wolfgang Kind und der Kunsttischler Werner Hildebrandt vor Gericht. Kind wird der schweren Brandstiftung mit Todesfolge und anschließenden Versicherungsbetrugs beschuldigt, Hildebrandt der Beihilfe. Der Steuerberater war wegen fortgesetzten Betrugs bereits im September 1986 im Antes -Prozeß zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.

Der 46jährige Kind soll, der Anklage zufolge, der eigentliche Initiator und Nutznießer eines „warmen Abrisses“ gewesen sein. Ende März 1984 war der Dachstuhl eines Wohnhauses an der Ecke Pfalzburger/Lietzenburger Straße in Brand geraten. Der mutmaßliche Brandstifter hatte den Ermittlungen zufolge mit einer Methanolmischung sein eigenes Zimmer im vierten Stock angezündet. Als er sich zu retten versuchte, stürzte er, vermutlich wegen seines stark alkoholisierten Zustandes, aus dem Fenster und starb noch auf dem Gehweg. Der Kunsttischler Hildebrandt war damals Hausmeister dort und soll den Bewohner der vierten Etage für die Brandstiftung gewonnen haben. Der Steuerberater, der anschließend von einer Feuerversicherung 1,1 Millionen Mark kassierte, hatte ihm, den damaligen Ermittlungen zufolge, einen Pachtvertrag für ein Bordell versprochen. Beide Angeklagten befinden sich in Haft. Wolfgang Kind trat im Februar seine Haftstrafe an. Seine enge Freundschaft mit dem damaligen stellvertetenden Verfassungsschutz-Chef Prytarski, der sich intensiv in die Ermittlungen gegen den Steuerberater eingeschaltet hatte, kostete letzteren seine exponierte Position. Kind hingegen ist weiterhin Geschäftsführer der Steuerberatungsfirma Tuska und hat die Überstellung in den offenen Vollzug beantragt. Kennern der Szene gilt der bläßliche kleine Mann als eine zentrale Figur im Bauskandal.

Der ehemalige Hausmeister Hildebrandt verbüßt zur Zeit in Tegel eine mehrjährige Haftstrafe, die er sich im Oktober 1985 wegen Beihilfe zum schweren Raub eingehandelt hatte. Vor Gericht bestritt er gestern, damals jene Maschinenpistole besorgt zu haben, die bei dem Raub benutzt wurde. Zuvor hatte der 43jährige bereits mehrere Jahre wegen Staatsverleumdung und versuchter Republikflucht in DDR -Knästen einsitzen müssen. Seinen Spitznamen „Meißen-Werner“ erwarb er durch deutsch-deutsche Aktivität: Aus einem DDR -Museum geraubtes Meißner Porzellan tauchte später im Westen auf.

Im laufenden Verfahren, das bis Ende September terminiert ist, sollen unter vielen anderen die gleichen Zeugen, die Hildebrandt damals als Lieferanten des Maschinengewehrs bezeichnet hatten, zum Vorwurf der Brandstiftung gehört werden - falls sie nicht, wie inzwischen einer von vieren, ausgebrochen sind. Hildebrandt selbst will schweigen. Der Prozeß wird am kommenden Montag fortgesetzt.

wvb