Ihr Bauch gehört ihr

Kanadisches Gericht weist Klage zurück / Mann wollte Ex-Freundin an Abtreibung hindern / Das Thema Abtreibung wird den Wahlkampf aufheizen  ■  Von Gunhild Schöller

Berlin (taz) - Die Klage eines Kanadiers, der seiner 18jährigen Ex-Freundin per Gerichtsbeschluß verbieten lassen wollte, eine Abtreibung vorzunehmen, wurde am Wochenende von einem Gericht abgelehnt. Die Frau jedoch wartete diese Entscheidung nicht ab, sondern nutzte die Zeit nach Ablaufen einer zweitägigen einstweiligen Verfügung und sie reiste in die USA, um dort abtreiben zu lassen. Wenige Stunden später entschied das Gericht, es werde nichts unternehmen, um den Eingriff zu verhindern.

Ähnliche Versuche von Männern in Kanada, aber auch in Norwegen, England und Australien, sind bereits in der Vergangenheit von Gerichten abschlägig beurteilt worden. Neu bei diesem Urteil ist jedoch, daß dem Mann mit der Urteilsverkündung freigestellt wird, auf Schadensersatz zu klagen. Die Richterin stellte fest, ihm sei mit der Abtreibung „Schaden zugefügt“ worden. Ob der Mann erneut klagt und welche Summe er als „Schadensersatz“ ansetzen will, ist allerdings noch offen. Vor der Presse sagte er: „Ich habe gerade mein Kind verloren, und es wird nicht umsonst sterben.“

In Kanada wird zur Zeit über das Thema Abtreibung in einer emotional aufgeheizten Atmosphäre diskutiert. In Kürze wird mit der Ausrufung von Neuwahlen gerechnet, und sowohl die strikten Gegner von Abtreibung als auch diejenigen, die die Entscheidungsfreiheit der Frau betonen, versuchen, Einfluß auf die Abgeordneten und Kandidaten zu gewinnen. Denn gegenwärtig gibt es in Kanada in der Abtreibungsfrage einen „rechtsfreien Raum“. Im Januar hatte der Oberste Gerichtshof des Landes das bislang geltende Abtreibungsgesetz für verfassungswidrig erklärt. Danach war eine Abtreibung nur dann erlaubt, wenn sie von einem Komitee aus drei Ärzten in einem anerkannten Krankenhaus für notwendig erachtet wurde. Dieses Gesetz - so der Oberste Gerichtshof - verletze das Recht der Frau auf „Leben, Freiheit und Unversehrtheit der Person“. Weil in vielen Krankenhäusern diese Ärztekomitees aufgelöst oder erst gar nicht aufgestellt wurden, war es in vielen Landesteilen nicht möglich, legal abzutreiben.

Am heutigen Dienstag will die konservative Regierung eine Resolution vorlegen, nach der eine Abtreibung in einem frühen Stadium der Schwangerschaft verhältnismäßig leicht gemacht werden soll, aber strengere Regeln für einen späten Abbruch gelten. Es ist allerdings keine Gesetzesvorlage, sondern nur eine relativ unverbindliche Resolution, eine Art Meinungsumfrage.