Selbsternannt

■ Frankreich spielt in Neu-Kaledonien den Vermittler

In Neu-Kaledonien hat sich eine Konfliktpartei, der französische Staat, selbst zur neutralen Instanz erklärt gerade so, als wären die französischstämmigen Siedler, die Caldoches, vom Himmel gefallen. Der Gestus der Pariser Regierung suggeriert, es müßten einfach zwei potentielle Bürgerkriegsparteien in einem x-beliebigen Land an den Verhandlungstisch gebracht werden. Nun haben beide Lager, eben jene Caldoches und die Befreiungsfront FLNKS, dem Rocard-Abkommen im großen und ganzen zugestimmt. Wozu dann ein Referendum, in dem alle Franzosen - und nicht etwa nur die Inselbewohner - aufgerufen sind, ihr Votum abzugeben?

Die Kolonialmacht ruft ihre eigenen Staatsbürger an die Urnen, um ihren Plänen für die ferne Pazifikinsel den Segen zu geben. Einerseits entzieht sich die Pariser Regierung ihrer Verantwortung, indem sie sich das Mäntelchen der Neutralität umhängt, andererseits will sie die Entscheidung nicht abgeben. Das Resultat? Sollte in den Nachverhandlungen der Wahlmodus noch zugunsten der Kanaken geändert werden, dürfte es in zehn Jahren einen selbständigen und einen französischen Teil Neu-Kaledoniens geben, womit das ganze Problem verschoben wäre. Die Caldoches können sich die Hände reiben, denn an den von der Kolonialmacht geschaffenen Fakten - Landraub, Konzentrierung der wirtschaftlichen Macht des Landes in Händen der Siedler - wird nicht gerüttelt.

Beate Seel