Die Inseln der Loyalität

Neu-Kaledonien, 16.750 Kilometer von Paris entfernt, befindet sich seit 1853 in französischem Besitz. Die südpazifische Inselgruppe mit der Hauptinsel Grande Terre und den drei Loyalitätsinseln hat insgesamt eine Oberfläche von 19.100 Quadratkilometer - etwa so viel wie das Bundesland Hessen. Hier leben 160.000 Menschen, 46 Prozent davon sind Kanaken (Melanesier), 33 Prozent französischstämmige Europäer („Caldoches“), der Rest teilt sich vor allem in Polinesier und Indonesier auf.

In der Hauptstadt Noumea und Umgebung, auf Grande Terre gelegen, leben 60 Prozent der Bewohner auf nur einem Hundertstel des Bodens - darunter die Hälfte der Europäer, aber nur ein Fünftel der Kanaken. In dieser Region, die dem Rocard-Plan zufolge die Südprovinz bilden soll, konzentriert sich der Reichtum des Landes. Drei Viertel des Bruttosozialprodukts werden hier erwirtschaftet. Während die Kanaken überwiegend in der Landwirtschaft tätig sind und sich unter den Arbeitern in den Nickelminen mit den Caldoches die Waage halten, werden Berufe mit höherem Prestige von den Europäern beherrscht. Die Arbeitslosigkeit unter den Kanaken wird auf 17 Prozent geschätzt.

Obwohl die Kanaken stark von der Landwirtschaft als Einkommensquelle abhängig sind, (1983 waren von 9.900 hauptberuflichen Bauern 95 Prozent Kanaken), verfügten sie im Jahre 1980 nur über 25 Prozent des Bodens, das gute Anbau - oder Weideland befindet sich zum größten Teil in den Händen der Caldoches. Im Zuge einer Bodenreform begann der Staat 1976, Land von verschuldeten Siedlern zurückzukaufen und den Kanaken zu übertragen. Bis 1984 hatten ganze 73.000 Hektar den Besitzer gewechselt (Forderung der Kanaken: 267.000 Hektar), zum Teil erst nach Landbesetzungen, die von der Befreiungsbewegung FLNKS (Nationale Kanakische Sozialistische Befreiungsfront) unterstützt wurden. Im Jahre 1986 verabschiedete die Regierung Chirac ein neues Neu -Kaledoniengesetz, („Statut Pons“, benannt nach dem damaligen Minister für Überseekolonien). Er nahm die Bodenreform wieder zurück, entzog den einzelnen Regionen Kompetenzen, schaffte finanzielle Hilfe für drei von den Kanaken dominierte Gebiete ab und schuf das Amt eines Hochkommissars, der jetzt die letzte Entscheidungskompetenz für Boden- und Finanzfragen hat.

Bei den französischen Präsidentschaftswahlen im vergangenen Mai erhielt Rechtskandidat Chirac auf Neu-Kaledonien 75 Prozent der Stimmen, Fran?ois Mitterrand kam auf ganze fünf Prozent. Bei den gleichzeitig stattfindenden Territorialwahlen errang die rechte Caldoche-Partei RPCR (Vereinigung für ein Verbleiben Neu-Kaledoniens in der Republik Frankreich) 34 von 48 Sitzen. Die FLNKS hatte in beiden Fällen zum Wahlboykott aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag bei 56,3 Prozent.