Schlußverkauf für die Böttcherstraße?

■ Unklare Verkaufs-Pläne von Böttcherstraßen-Besitzer Ludwig Roselius bringen Kultur-und Baubehörde auf Trab / Baugenehmigung für geplanten Hotel-Neubau auf Roselius-Grundstück als Faustpfand im Poker um die Bummelgasse

Was macht uns BremerInnen weltberühmt? Erstens die Bremer Stadtmusikanten, zweitens der Roland und drittens die Böttcherstraße. Die Stadtmusikanten sind ein Märchen unverkäuflich. Der Roland ist eine Statue - ebenfalls unverkäuflich. Die Böttcherstraße ist im Besitz von Dr. Ludwig Roselius. Noch.

Seit Roselius das Haus Atlantis und das danebenliegende Parkplatzgrundstück an die schwedische Hotelkette „Scandic“ für einen Hotelneubau verkauft hat, fürchten Denkmalpfleger, Kulturpolitiker und Stadtplaner, der Atlantis-Verkauf könne bloß der Anfang vom Ausverkauf der gesamten Böttcherstraße an zahlungskräftige Investoren sein.

„Es gibt offensichtlich solche Überlegungen bei Herrn Roselius“, bestätigt Senatsrat Dieter Opper, Leiter des Referats „Kultur“ in der Behörde von Kultursenator Franke, die Gerüchte um einen möglichen Ausverkauf der Böttcherstraße. „Wir sind hart

am Ball, wissen aber auch noch nichts Genaues über die Pläne“. Auch bei den Beamten-Kollegen vom Bauressort rätselt man über mögliche Verkaufsabsichten, will aber nicht verraten, was man herausgefunden hat, um eventuelle Verhandlungen mit Roselius und der Böttcherstraßen-GmbH nicht durch Indiskretionen zu gefährden. Einig ist man sich in Bremens Behörden jedoch seinen festen Vorsätzen: Die Böttcherstraße muß unbedingt als Ganzes erhalten werden. Maklerbüros, McDonalds und Mode-Boutiquen dürfen nicht in das bislang von Handwerk, Galerien und Kunstgewerbe bewohnte Gässchen einziehen.

Immerhin nahmen die beiden unmittelbar betroffenen Senatsressorts die „Spekulationen und Gerüchte“ um einen Verkauf des „einmaligen architektonischen Kulturdenkmals Böttcherstraße“ so ernst, daß sie die einzige Trumpfkarte spielten, die sie gegenüber Roselius in der Hand ha

ben: Bis heute gibt es keine Baugenehmigung für das Grundstück an der Wachtstraße, das Roselius gern an den schwedischen Investor „Skanska“ verkaufen und auf

dem die „Skanska“ das 81. Hotel der schwedischen Scandic -Kette bauen möchte. Logik der Behörde: Ohne Baugenehmigung kein Hotel, ohne Hotel kein

Grundstücksgeschäft für Roselius. „Angesichts der Gerüchte um den Bötcherstraßen-Verkauf mußten wir zumindest Zeit gewinnen,“ verrät ein Behörden-Insider den Hintergrund der Verzögerungstaktik.

Offiziell stellen Bedenken von Bremens oberstem Landesdenkmalpfleger Hans-Christoph Hoffmann gegen die Fassadengestalten des neuen Scandic-Hotels den Grund für das Hick-Hack um die Scandic-Baugenehmigung dar. Hoffmann mochte sich z.B. nicht mit einer roten Backsteinfassade für den Hotel-Neubau anfreunden. In seinem Gutachten zu den Bauplänen fürchtet der Landesdenkmalpfleger, daß der rotbacksteinerne unscheinbare Zugang der Böttcherstraße durch eine gigantische Hotelfassade in ähnlichem Stil völlig erschlagen würde.

Daß der Fassadenstreit den wahren Grund dafür darstellt, daß zwischen Wacht-und Böttcherstraße bislang nur ein leeres Versprechen in Gestalt eines Schildes mit der Aufschrift „Hier entsteht ein Scandic-Hotel“ steht, kann sich allerdings auch Scandic-Geschäftsführer Windhäuser nicht recht vorstellen: „In den letzten zwei Jahren haben wir ungefähr 10 unterschiedliche Entwürfe für das Hotel anfertigen lassen. Wir wären mit jeder gelungenen Lösung für die Fassade einverstanden gewesen und hängen selbst am allerwenigsten an der Backsteinlösung. Unter normalen Umständen hätten wir längst eine einvernehmliche Lösung erzielen

müssen,“ fürchtet Windhäuser, mit dem Scandic-Hotelprojekt möglicherweise zwischen die Fronten von Bremer Senat und Ludwig Roselius geraten zu sein. Meldungen der Bildzeitung, Scandic wolle, um das Verfahren abzukürzen, Ludwig Roselius für 35 Millionen die gesamte Böttcherstraße abkaufen, dementiert Windhäuser jedoch nachdrücklich.

Daß man einen „potenten Investor“ nicht unbegrenzt „irritieren“ darf, scheint sich inzwischen auch in den Behörden herumgesprochen zu haben. Schließlich hat die die Scandic inzwischen unmißverständlich deutlich gemacht, daß sie spätestens im September mit den Bauarbeiten für die Hotelgarage anfangen will. Sonst könnte die Scandic sich erstmal dem „für uns ebenfalls sehr attraktiven Standort Hamburg“ (Geschäftsführer Windhäuser) zuwenden.

Im Bauressort scheint man die Signale inzwischen verstanden zu haben: Zweimal verhandelten Behördenvertreter in den letzten 14 Tagen mit Scandic-Vertretern. In Urlaubs -Abwesenheit des Landesdenkmalpflegers wurde der goldene Mittelweg in Sachen „Fassadengestaltung“ anscheinend geschaffen: Sie soll jetzt weder in rotem Backstein gemauert'noch aus grauem Beton gegossen, sondern aus grauem Naturstein gemauert werden. Bevor die Baugenehmigung endgültig erteilt werden kann, soll der Senat sie noch einmal beraten. Am nächsten Dienstag.

K.S.