Mderne Zeiten: Running Gag

■ Berlin-Marathon in Seoul

Ob Politik, Kultur oder Sport, ob New York, Florenz oder Hawaii - Berlin ist immer mittenmang. Seit der CDU-Senat auf geheimnisvolle Weise zu der Überzeugung gelangt ist, eine Weltstadt zu repräsentieren, läßt er keine Gelegenheit aus, fremden Völkern auf den Pelz zu rücken und ihnen von der Großartigkeit Berlins zu künden. „Die Missionare von der Mauer sind wieder da“, lautet inzwischen ein international verbreiteter Schreckensruf, bei seinem Ertönen packen Bürgermeister, Kaziken und Dorfschulzen schnell ihre Glasperlen und Untertanen zusammen und verstecken sich so lange im Wald oder im Keller, bis das Unheil - das mal Diepgen, mal Laurien, mal Lummer heißt - wieder abgezogen ist.

Völlig klar, daß Berlin auch bei den Olympischen Sommerspielen von Seoul präsent sein wird. Am 26. September soll dort im „Deutschen Haus“ ein „Berlin-Tag“ stattfinden, von und mit Hanna-Renate Laurien, die erstens offensichtlich gerne reist und zweitens den Olympioniken Berlin als Schauplatz der Spiele im Jahre 2000 oder 2004 schmackhaft machen soll.

Bis zur Erfüllung dieses liebsten Traumes vom regierenden Diepgen ist es ein weiter Weg, folgerichtig soll der Schwerpunkt beim Berlin-Tag von Seoul der Marathonlauf sein. Der hat Tradition in Berlin und könnte zu einem einsamen Höhepunkt der ins Auge gefaßten Ost-West-Olympiade werden: 42,195-Kilometer-Endurance-Run entlang der Mauer, im Dauerhagel der Gasgranaten und blauen Bohnen, zum Ruhme Olympias abgefeuert von Kewenigs Schergen auf der einen und den Söldnern Honeckers auf der anderen Seite. Möge der Beste überleben.

Matti Lieske