Weltbank am Ende?

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Von Kurt Zausel

Die Autonomen dürfen jubeln. Was alle Kritik an und militanten Aktionen gegenüber der Politik der Weltbank nicht geschafft haben, ist jetzt zum Greifen nahe. Die Existenz der Weltbank ist bedroht. Der Schlag gegen die Weltbank kommt aus dem Zentrum des Imperialismus selbst. Geführt wird die Attacke durch die Abgeordneten des US-Kongreßes. Und die Waffe ist - was auch sonst - das Geld.

So jedenfalls könnte man jüngste Äußerungen des früheren Präsidenten der US-amerikanischen Notenbank, Paul Volcker, interpretieren, in denen er auf die möglichen Folgen einer US-amerikanischen Verweigerung der Beitragszahlungen zur Kapitalerhöhung der Weltbank aufmerksam machte. Diese Kapitalerhöhung sieht vor, daß die USA in den nächsten sechs Jahren jeweils einen Betrag von 70 Millionen Dollar zu überweisen haben, wenn ihr gegenwärtiger Anteil an der Weltbank von 18 Prozent gehalten werden soll. Und bekanntlich kann nur der die Politik der Weltbank bestimmen, der einen hohen Kapitalanteil an der Weltbank hält.

Genau diese Zusage wird seitens der Kongreßabgeordneten aber verweigert. Wie früher bereits Milton Friedman, Nobelpreisträger für Ökonomie und Obermonetarist der Nation, stören sich die Kongreß-Politicos an der vermeintlich „sozialistischen Mißwirtschaft“ der Weltbank im Umgang mit der Schuldenkrise der Dritten Welt. Ständige Zufuhr von „fresh money“, so das Argument, treibe allein die privaten Banken immer tiefer in das Verschuldungsdebakel und gefährde so das internationale Finanzsystem.

Friedman zufolge könnte man auf Institutionen wie die Weltbank sogar ganz verzichten. Dann nämlich könnten endlich die Marktkräfte walten und sowohl die zahlungsunfähigen Länder der Dritten Welt als auch die Banken, die zu hohe Kreditrisiken eingegangen sind, in den Konkurs treiben. Business as usual also in einer kapitalistischen Marktwirtschaft.

Derart marktradikale Vorstellungen werden von Volcker nicht geteilt.Sein Verweis auf die gefährdete Existenz der Weltbank zielt auf isolationistische Tendenzen der innenpolitischen Szenerie der USA. Anstelle anarchischer Marktlösungen favorisiert Volcker eine bestimmendere Rolle der USA in der Steuerung der kapitalistischen Weltwirtschaft. Dazu gehört auch die Aufrechterhaltung der Vormachtrolle in Institutionen wie der Weltbank. Damit dieses Privileg nicht untergraben wird, müssen die USA die Kapitalerhöhung der Weltbank mitvollziehen. Da bereits 140 der insgesamt 151 Mitgliedsländer der Weltbank der Kapitalaufstockung zugestimmt haben, wird die Zeit für die USA allmählich knapp. Ob die autonomen Weltbankkritiker unvermutete Bündnisgenossen erhalten, wird sich in Bälde entscheiden müssen.