Mehr Tote - mehr Verletzte

■ Statistisches Bundesamt legt düstere Unfallbilanz für deutsche Straßen vor / Tempolimit in Italien zeigt dagegen deutlich positive Wirkung / 14 Tote, 204 Verletzte und 135 Unfälle weniger

Berlin (taz) - Auf bundesdeutschen Straßen hat die Zahl der Verkehrsunfälle 1988 stark zugenommen. Es gab vor allem einen „überproportionalen Anstieg“ von Verkehrsunfällen mit Toten und Verletzten. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden veröffentlichte gestern eine düstere Bilanz der ersten fünf Monate dieses Jahres. Danach gab es im Bundesgebiet (ohne Bremen) in diesem Zeitraum 821.229 Verkehrsunfälle, was einer Zunahme von 2,8 Prozent entspricht. Die Zahl der Verkehrstoten lag mit 3.164 um 11,4 Prozent über der des Vorjahres. Die Zahl der Verletzten stieg in den ersten fünf Monates des Jahres gegenüber dem Vorjahr sogar um 14,3 Prozent auf 173.542. Bremen ist in dieser Bilanz nicht enthalten, weil die dortigen Statistiker „zur Bearbeitung der Volkszählung gebraucht werden“.

In Italien bleibt das neue Tempolimit das große Thema der Nation. Tatsächlich ist die Unfallbilanz des vergangenen Sonntags deutlich günstiger: Gegenüber dem Sonntag zuvor ging die Zahl der Toten um 14, die der Verletzten um 204 zurück, und es gab 135 Unfälle weniger. 19 Verkehrsteilnehmer starben am vergangenen Sonntag auf Italiens Straßen. Nur die Zahl der Bagatell-Unfälle hat zugenommen.

Die italienischen Politiker streiten sich dennoch heftig um das neue Tempolimit. Der sozialistische Staatssekretär im Transportministerium Angelo Cresco nannte den Tempolimit -Erlaß des Ministers für „öffentliche Arbeiten“, Enrico Ferri, „neapolitanisches Schmierentheater“ und forderte den Rücktritt des Ministers. Ferri erklärte inzwischen im Fernsehen, der Erlaß sei ein Experiment, das auch wieder rückgängig gemacht werden könne. Eine Kommission soll erst mal die Gemüter beruhigen und Modifikationen des Erlasses ausarbeiten. Gleichwohl sieht sich Ferri durch den Rückgang der Verkehrstoten bestätigt. Er sei ein „guter Familienvater“ der sich um das Wohl der Urlauber sorgt.

Der CSU-Protest, wonach die Italiener mit ihrem „überfallartigen Tempolimit“ (Bayerns Innenminister Lang) die deutschen Urlauber schröpfen wollen, hat sich in heiße Luft aufgelöst. Nach Auskunft kämen ausländische Autofahrer in der Regel mit gebührenfreien Verwarnungen davon.

Nach bisherigen Beobachtungen sollen allerdings gerade Ausländer das Tempolimit ignorieren. Die Furcht vor Strafmandaten sei bei den Italienern größer. Italienische Autofahrer sprühen indessen verstärkt Haarlack auf die Nummernschilder, damit die Radarkamera die Nummer nicht mehr lesen kann.

Die Einmischung bayerischer Politiker in die italienische Verkehrsdebatte stieß bei der italienischen Presse auf Befremden. Italien sei nicht verpflichtet, ihre Erlasse erst den Deutschen vorzulegen. Die seien bekanntlich „überempfindlich'wenn's ans Portemonnaie geht“, kommentierte Ettore Petta vom 'Corriere della Sera‘.

man