Bayern schweigt zu Bernd Rössner

Die bayerische Justizministerin verweigert bisher jede Reaktion auf den bedrohlichen Zustand des RAF-Gefangenen / Pfarrer bittet nach einem weiteren Besuch bei Bernd Rössner erneut um Haftverschonung  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) - Das bayerische Justizministerium versucht offenbar, einer öffentlichen Debatte über die Haftsituation des als Stockholm-Attentäter verurteilten und seit über 13 Jahren einsitzenden RAF-Gefangenen Bernd Rössner auszuweichen. Auf die Initiative des Münchner Studentenpfarrers Hans Löhr, der Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner bereits am 22.Juni schriftlich aufgefordert hatte, sich um die Freilassung des „offenkundig haftunfähigen“ Rössner zu bemühen (s. taz vom 6.Juli), gibt es bis heute keinerlei offizielle Reaktion aus dem Ministerium. Nicht einmal den Eingang seines Schreibens mochte die Justizbehörde dem Pfarrer, der Bernd Rössner regelmäßig im Straubinger Knast besucht, bisher bestätigen.

Löhr hatte die Ministerin in seinem Schreiben beschworen, es könne nicht „Sinn einer Justizvollzugsordnung in einem demokratischen Rechtsstaat“ sein, einen „haftunfähigen kranken Mann ohne Aussicht auf Freilassung im Gefängnis zugrundegehen zu lassen“. Bei seinen Besuchen in Straubing hatte der Pfarrer den Eindruck gewonnen, Rössner sei „inzwischen ein gebrochener Mann“. Nach Löhrs bisher letztem Besuch in Straubing am 1. Juli haben sich seine Sorgen um den Zustand des Gefangenen weiter verstärkt.

Im Münchner Justizministerium heißt es auf Anfrage, es gebe zwar den Entwurf einer Antwort. Der sei jedoch von Frau Berghofer-Weichner noch nicht unterzeichnet worden. Nun sei die Ministerin erstmal im Urlaub. Gleichzeitig deutet Ministeriumssprecher Hans-Peter Huber gegenüber der taz die Linie an, auf die sich die Justizministerin wohl zurückziehen wird. Unabhängig von der noch ausstehenden Antwort auf die Initiative des Pfarrers sei das Land Bayern für einen „Gnadenerweis“ nicht zuständig, da Rössner seinerzeit von der Bundesanwaltschaft angeklagt worden sei. In einem solchen Fall müsse letztlich Bundespräsident von Weizsäcker über eine mögliche Begnadigung entscheiden. Tatsächlich hatte Löhr in seinem Brief juristisch Fortsetzung auf Seite 2

unkorrekt von „Begnadigung“ gesprochen. Aus dem gesamten Zusammenhang geht jedoch hervor, daß es dem Pfarrer nicht um eine Begnadigung, sondern um die vorzeitige Haftentlassung Rössners wegen dessen schlechten Gesundheitszustands geht. In diesem Fall ist das bayerische Justizministerium als Dienstaufsichtsbehörde der JVA Straubing gefragt. Da die Gefängnisleitung auf den bedrohlichen Zustand Rössners offensichtlich nicht von sich aus reagiert, müßte das Ministerium sie zu einer entsprechenden Untersuchung veranlassen. Entschieden wird allerdings in Karlsruhe bei der Bundesanwaltschaft, die in diesem Fall als Vollstreckungsbehörde fungiert.

Löhr, der seine Initiative als Mitglied eines Arbeitskreises der Evangelischen Studentengemeinde in München startete, hat sich inzwischen mit einem zweiten Brief an Frau Berghofer-Weichner gewandt. Darin schreibt er, der Begriff Begnadigung sei vielleicht juristisch falsch gewählt gewesen. Deshalb beantrage er nun noch einmal, „die Möglichkeit einer Haftverschonung für Herrn Rössner zu prüfen und sie ihm, auch im Zweifelsfall, zu gewähren“. Außerdem mahnt er die Ministerin, sie möge ihm „wenigstens“ den Eingang seiner Briefe und die Bearbeitung seines Anliegens bestätigen.