Lifting für den Luxusliner

■ Auf der Lloyd-Werft schuften 1.000 Arbeiter an einer reparaturbedürftigen Königin herum / Schaulustige müssen sich mit halber Queen begnügen

Sie ist eine Königin, und ihr Hofstaat ist gewaltig. Rund 1.000 Mann kümmern sich zur Zeit in Bremerhaven rund um die Uhr darum, daß die „Queen Elizabeth 2“ ein wirklich königliches Aussehen erhält. Innen und außen soll das zweitgrößte Passagierschiff der Welt renoviert werden. Gut ein Jahr nach dem größten und wohl spektakulärsten Umbau in der Geschichte des Handelsschiffbaus in nur 179 Tagen für 335 Millionen Mark liegt der Luxusliner der britischen Cunard-Reederei noch bis zum 31. Juli in einem Trockendock der Bremerhavener Lloyd Werft: touristischer Anziehungspunkt für viele, die sich eine Weltumrundung mit dem majestätischen Passagierschiff nicht leisten können.

Am Nordtor der Werft fragt gerade eine Urlauberfamilie aus dem Raum Stuttgart nach der

Queen. Ihr ergeht es wie vielen, die seit dem vergangenen Samstag versucht haben, die Königin aus der Nähe zu bestaunen. „Sie sind der 2.601.“, übertreibt der Mann am Tor und schickt den enttäuschten Familienvater ein paar hundert Meter weiter, von wo aus man „wenigsten die halbe Queen“ sehen kann. Aufs Werftgelände darf kein Besucher, und auf die Queen selbst schon gar nicht. Der Mann am Tor kann die Schaulustigen aus dem Binnenland verstehen. Für die ist die Queen „so etwas wie der Eiffelturm oder das Riesenrad im Prater“, sagt er und lacht.

Ein Werftarbeiter, der seit sieben Jahren bei Lloyd beschäftigt ist, sieht das anders. „Nichts Besonderes“, winkt er ab und wendet sich wieder seinen Kollegen zu, die an einer Beule in der Außenhaut des 293,5 Meter langen

Luxusliners werkeln. Am Dock wird hektisch gegen die Uhr geschuftet. Etwa 600 Leute von Lloyd arbeiten zusammen mit rund 400 Kollegen von Fremdfirmen in zwei Schichten Tag und Nacht an dem Schiff. Neun Millionen Mark zahlt die Reederei für die Arbeiten. 8,4 Millionen Mark hatte sie nach dem Mammutumbau wegen einiger Mängel einbehalten. Was die Reederei kritisierte, wird jetzt als „Garantiearbeit“ übernommen: Zwei Millionen von der Werft, 2,5 Millionen von Unterlieferanten. Am 31. Juli, pünktlich um 14.00 Uhr, soll die Queen wieder in Richtung Southampton auslaufen.

Bis dahin ist viel zu tun. „Jetzt ist das Chaos noch organisiert“, beschreibt Lloyd-Geschäftsführer Werner Lüken die Lage. Er ist jeden Tag zwischen 14 und 16

Stunden auf den Beinen, damit nichts schiefläuft. Die Queen bekommt neue Propellerflügel und soll noch luxuriöser werden. Der Innenarchitekt Christian Schaffer setzt die Vorstellungen der britischen Reederei um. Im Bad gibt es Marmor und goldene Armaturen, das Bett ist elektrisch verstellbar, ein Teil des Balkons wird als Wintergarten umgestaltet. Wer für die 90tägige Weltumrundung 300.000 Dollar ausgibt, will schließlich königlich logieren.

Rund 1.000 Besatzungsmitglieder werden nach der Reparatur wieder bis zu 1.870 Passagiere versorgen. Ein Werftmitarbeiter, der einmal dienstlich mit der Queen unterwegs war, erinnert sich grinsend, damals Damen getroffen zu haben, „die einen Haltungsschaden hatten, weil sie an ihrem Schmuck so schwer trugen“.

Irmgard Kern/dpa