Selbsthilfe-Apparatschiks

■ SPD hat neue Grundsatzpositionen zur Selbsthilfepolitik / Fink-Modell im Ansatz übernommen, aber: Selbsthilfe darf nicht staatliche Pflichtaufgaben ersetzen

Mehr „Gelassenheit“ gegenüber Selbsthilfegruppen wünschen sich die Sozialdemokratinnen Brinckmeier und Stahmer in ihrer eigenen Partei. Selbstkritisch gaben sie gestern vor der Presse zu, in der Vergangenheit Fehler gemacht zu haben, doch habe es in der Partei einen „Umdenkungsprozeß“ gegeben.

Das Prinzip der Selbsthilfe soll daher zukünftig in den sozialpolitischen Vorstellungen der SPD ein größeres Gewicht erhalten, erläuterten Frau Brinckmeier, sozialpolitsche Sprecherin der Fraktion, und Frau Stahmer, die Charlottenburger Sozialstadträtin.

Selbsthilfegruppen müßten dabei jedoch sowohl stärker als bisher finanziell unterstützt werden als auch größere Planungssicherheit bekommen. Das jährliche Ringen um Zuschüsse müsse aufhören, sagte Frau Stahmer. Gruppen, die über Jahre hinweg existierten, sollten in die Haushaltsplanung fest aufgenommen werden, ohne daß die Gruppen ihre Eigenständigkeit verlieren. Ein Stiftungsgremium aus Leuten aus der Selbsthilfebewegung, Bezirks- und Senatsvertretern solle die Verteilung der Gelder übernehmen. Der Bedarf liege nach jüngsten Untersuchungen bei mehr als 50 Millionen Mark.

Förderung von Selbsthilfe dürfe keinesfalls dazu führen, daß die staatliche Sozialversorgung gekürzt werde, betonte Frau Brinckmeier. Sie wirft dem Senat vor, immer dann den Gedanken der Subsidiarität hochzuhalten, „wenn die Kasse leer ist“. Eine Privatisierung der sozialen Dienste, wie sie der Senat betreibe, lehnt die SPD ab. Inzwischen würden über den Selbsthilfetopf auch Gruppen aus dem Bau- und Gesundheitswesen unterstützt, die professionell Hilfen für Dritte anbieten, also staatliche Aufgaben übernehmen, kritisierte Ingrid Stahmer. Selbsthilfe aber könne immer nur Ergänzung, niemals Ersatz für staatliche Hilfen sein. Die Stadträtin machte in diesem Zusammenhang auf den Nullstellenplan für Sozialarbeiter aufmerksam.

Staatssekretär Hasinger in Vertretung des Gesundheitssenators kritisierte, es gehe der SPD nur darum die Selbsthilfegruppen zu „gängeln“. Der SPD sei die „Wende“ in Sachen Selbsthilfepolitik mißlungen.

bf