Tödliche Luftshows als public relations

■ Luftwaffenwerbung per Tiefflugspektakel

Die Artisten kommen kostenlos und sie kommen gerne. Mit 1000 Sachen proben sie oben den himmlischen Drahtseilakt und unten fallen den begeistert klatschenden Zuschauern vor Krach die Ohren ab. Aufgeführt wird, umsonst und draußen: „Der Luftkrieg“, ein Riesenspaß für die ganze Familie. Da freut sich der Papa über das technische Muskelspiel, da kreischt der Sohnemann vor Wonne und Mamma hofft, trotzt aller Angst, die da oben möchten's noch ein wenig toller treiben. Welch Gaudi, so eine Flugschau, wenn sie nicht gerade wieder tödlich endet.

Eine Familie wird im Auto von den Trümmern eines abgestürzten Show-Fliegers erschlagen, ein imponiersüchtiger Air-bus-Pilot setzt seine vollbesetzte Maschine in den Wald, vier Tiefflug-Tornados rasen bei der Generalprobe für das Flug-Spektakel in eine Gruppe von Drachenfliegern hinein: die Liste der Opfer dieses größenwahnsinnigen Imponiermilitarismus wird weiter steigen, die Kunststücke am Himmel werden immer riskanter werden, und daß es bisher zu keinen Massenkatastrophen gekommen ist, ist dem gleichen Zufall zu verdanken, der sie genausogut hätte auslösen können. Solange das Publikum dieses Spiel beklatscht, treten wir auch auf, heißt die Devise der Bundeswehr, die ihre glitzernden Vögel immer dann bereitwillig in den spaßigen Simulations-Krieg schickt, wenn einer dieser verrückten Sportflugvereine nach Tiefflug-„action“ pfeift. Public -relations nennt sich diese manchmal tödliche Imagewerbung und wird bei der Luftwaffe jährlich mit ungenannten Summen unter Werbungskosten verbucht.

Public relations mit Tiefflug? Deutlicher kann ein Ministerium kaum demonstrieren, wie schnurzegal ihm die Massenproteste gegen den Tiefflugwahnsinn, die Klagen der Betroffenen und die Warnungen der Experten sind. Tiefflüge als militärische Notwendigkeit - schon das ließ sich in den letzten Monaten nicht mehr glaubwürdig vertreten. Aber Tiefflüge als bloße Volksbelustigung - das spricht nicht mehr für Unsensibiliät, sondern für pure Arroganz der Macht.

Vera Gaserow