Dumping-Krieg der Anzeigenblätter

■ „Bremer Anzeiger“ will mit Rabatten bis zu 64 Prozent die Konkurrenz im Bremer Osten kleinkriegen Ost-Bremer Courier mit „einstweiliger Verfügung“ gegen wettbewerbswidrige Dumping-Preise erfolgreich

„Bei mir geht's um die Existenz“, sagt H.-Peter Cords. Er ist einer jener Leute, die kostenlos und ungefragt in die Briefkästen Anzeigenblätter verteilen lassen. Was für viele nur lästiges Altpapier ist, daran hat er seine Existenz und sein Herzblut gehängt. Sein Blatt wird zwischen Hastedt und Hemelingen verbreitet und heißt „Ost-Bremer Courier“.

Im Frühjahr 1987 hatte er sich, früherer redaktioneller Mitarbeiter und Anzeigen-Akquisiteur des „Bremer Anzeiger“ für den Bremer Osten, selbständig gemacht und ein eigenes Anzeigenblatt aufgemacht. „95 Prozent der Anzeigen-Kunden sind mitgegangen“, erklärt Cords stolz, und das hatte seinen Grund: Er kennt den Stadtteil, er war (für die CDU, aus der er dann austrat) im Stadtteilbeirat, er hilft den kleinen Händlern bei ihren Festen und berät sie bei der Anzeigengestaltung. Cords macht den Umbruch selbst, kann also Kundenwünsche auch im Detail eher befriedigen als die große Konkurrenz des „Anzeiger“. Cords ist ein Selbständiger, wie er im Buche steht – „Putzfrau und Generaldirektor“ gleichzeitig in seiner Firma, wie er selber sich beschreibt.

Das mußte die Konkurrenz vom „Bremer Anzeiger“ wurmen. Im Sommer 1987 organisierte man dort die Aufteilung der Stadtteil-Beilagen – begehrte Anzeigen-Plätze für die kleineren Geschäfte – so, wie es der „Courier“ hatte: Hastedt zählt vom Selbstverständnis her zum Bremer Osten, das wußte der ortskundige Peter Cords. Und dann begann das, was Cords um seine Existenz bangen läßt: Anzeigenkunden sprangen bei ihm mit dem Hinweis ab, beim „Anzeiger“ wäre es viel billiger. 64 Prozent Rabatt erhielten Läden in der Kollektiv-Werbung für die Hemelinger Bahnhofsstraße oder das „Tenever –Einkaufszentrum“. Das verstößt nicht nur gegen die Vorschriften zum lauteren Wettbewerb, sondern auch gegen die eigene Preisliste, schrieb der Anwalt von Cords an das Gericht.

Der „Anzeiger“ ließ per Anwältin gegenhalten, eine „Anlage A“ zur Preisliste enthalte diesen Super-Rabatt, doch dieses Sonderblatt hatte damals niemand gesehen. Das Gericht erließ am 6.5.1988 die beantragte „einstweilige Anordnung“, mit der dem Anzeiger die Super-Rabatte untersagt wurden.

Inzwischen liegt die „Anlage A“ vor. Sie weist branchenunübliche Rabatte für „Kollektiv-Seiten“ von 57 Prozent aus, und wer die – technisch kompliziertere „Panorama“-Gestaltung will, kann sogar bis zu 64 Prozent Rabatt beanspruchen. Wie üblich wird der Preis reduziert, wenn man gleich zwei Seiten kauft – nur für Bremen-Nord weist diese seltsame „Anlage A“ aus, daß der Seitenpreis 4 Prozent teurer ist, wenn man zwei Seiten nimmt.

Cords weiß, wie solche Schlampereien in einer Preisliste zustande kommen: „Niemand kannte diese Anlage A, selbst der Anzeigendisponent des Anzeiger nicht“, die „Anlage A“ sei frei erfunden und „extra gemacht für diesen Prozeß“.

Von ihrer früheren Behauptung, daß die „Anlage A“ der Preisliste „als Einlageblatt“ immer beiliege, wollte die Prozeßvertreterin des „Anzeiger“ gestern vor dem Zivilgericht nichts mehr wissen. Ihre neue Version: Die Anzeigenkunden verlangten gewöhnlich gar nicht die Preisliste, sondern fragten nur nach dem Preis der Anzeige. Dies schien auch Richter Westermann wenig glaubwürdig, er deutete an, daß er in seinem Urteilsspruch die „einstweilige Anordnung“ gegen den Anzeiger bestätigen wird.

Der Ost-Bremer Cords, der nach eigenen Angaben bisher ca. 50.000 Mark Umsatz verloren hat, kann also guten Mutes auf das Hauptverfahren warten – falls der Bremer Anzeiger nicht bis dahin in seiner „Anzeigenpreisliste 25“ offiziell Rabatte bis zu 64 Prozent einräumt.

K.W.