Streit um den Kuchen

Mittel des Strukturfonds sollen zugunsten der CDU-Länder und Bayerns verteilt werden Rheinland-Pfalz-Initiative eröffnet neue Konfliktrunde / „Große Koalition“ auf Länderebene am Ende  ■  Von Kurt Zausel

Berlin (taz) - Die mißglückte Steuerreform der Bonner Koalition dürfte auch im politischen Sommerloch Schlagzeilen machen. Neue Konflikte verspricht der vom rheinland -pfälzischen Finanzminister verkündete Vorschlag zur Aufteilung der Strukturfondsmittel. Angeführt von Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht und unterstützt von den SPD-regierten Bundesländern konnten die Bundesländer im Rahmen der Steuerreform die Einrichtung eines Strukturfonds durchsetzen, dessen Mittel vor allem dem Ausgleich geringerer Steuereinnahmen und der hohen Sozialkosten dienen sollen. Nach viel Gefeilsche wurde schließlich ein Betrag von 2,5 Milliarden Mark zugebilligt. Die temporäre „Große Koalition“ auf Länderebene war in der ersten Runde erfolgreich. In der zweiten Runde geht es nun um die Aufteilung der Strukturfondsmittel - und hier sitzen die SPD-regierten und strukturschwachen Länder am kürzeren Hebel. Ausgerechnet Rheinland-Pfalz, das zu den hartnäckigsten Gegnern der Albrecht-Initiative zählte, ist jetzt in die Offensive gegangen. Für das am 8.August geplante Treffen der Ministerpräsidenten mit Finanzminister Gerhard Stoltenberg hat Rheinland-Pfalz jetzt ein Aufteilungsmodell vorgelegt, das zu Lasten der SPD-Länder gehen wird. Dieses Modell sieht insbesondere eine erhebliche Einschränkung der Mittelzuweisung für Nordrhein-Westfalen und demgegenüber einen wesentlich höheren Anteil Bayerns als der ursprüngliche Albrecht-Vorschlag vor. Insgesamt müßten sich die fünf SPD-regierten strukturschwachen Länder mit jetzt noch 44 gegenüber ehemals 58 Prozent der Gesamtmittel begnügen.

In den SPD-regierten Bundesländern sollen bereits Überlegungen angestellt werden, gegen die Aufteilung der Strukturfondsmittel nach parteipolitischen Kriterien eine Klage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Vor einer solchen rechtlichen Klärung des Verteilungsproblems steht allerdings noch die politische Kompromißbildung. Insgesamt fünf Modelle stehen jetzt zur Auswahl: Der ursprüngliche Albrecht-Vorschlag, das Stoltenberg-Modell, die Rheinland -Pfalz-Initiative und zwei Modelle von Bayern. Die größten Verwirklichungschancen dürften das Stoltenberg- und das Mainzer-Modell haben. Während Stoltenberg vorsieht, bei der Verteilung der Strukturfondsmittel die jeweilige Abweichung der Länder-Bruttoinlandsprodukte vom gesamtwirtschaftlichen Bruttoinlandsprodukt als Kriterium zu nehmen, schlägt die rheinland-pfälzische Initiative drei gleichgewichtige Kriterien vor: Die einnahmenseitige Finanzkraft der Länder, die Arbeitslosigkeit nach Arbeitsamtbezirken und die Zahl der Einwohner in sogennaten strukturschwachen Gebieten. Ähnliche Kriterien sehen auch die beiden Bayern-Modelle vor. Dort sollen allerdings die drei Kriterien nicht gleich gewichtet werden. Das Rheinland-Pfalz-Modell hat entsprechend gute Chancen, die Unterstützung Bayerns und der CDU-regierten Bundesländer zu finden.

In die Röhre werden mit Sicherheit die SPD-Länder schauen. Ihr politisches Kalkül ist nicht aufgegangen. Auf der Strecke bleibt allerdings auch der angestrebte Abbau des Nord-Süd-Gefälles der bundesdeutschen Wirtschaft.