„Die Inder lösen für uns das Tamilenproblem“

Junius Richard Jayawardene, Präsident von Sri Lanka, will sich auf einen Wahltermin nicht festlegen / Das Gespräch führte Thomas Prinz  ■  I N T E R V I E W

taz: Heute, fast ein Jahr nach dem Abkommen herrscht noch immer kein Frieden in Sri Lanka. War das Abkommen ein Fehlschlag?

Jayawardene: Das Abkommen war ein voller Erfolg. Die Inder lösen derzeit für uns das Tamilenproblem. Die Tigers sind militärisch geschlagen. Ein paar verstecken sich noch im Dschungel, doch damit werden die Inder bald fertig werden.

Im Süden ist jedoch seit letztem Sommer mit der singalesisch-nationalistischen JVP ein neues Problem herangewachsen.

Die JVP hat mit dem Tamilenproblem nichts zu tun. Das darf man nicht durcheinanderwerfen.

Der Vertragsabschluß - angeblich zu vorteilhaft für die Tamilen - hat doch der JVP neuen Auftrieb gegeben.

Das stimmt, aber erst seit dem Vertrag haben wir die Hände frei, um uns um die JVP zu kümmern. Die bekommen wir bald in den Griff. Das wäre ohne Vertrag nicht möglich gewesen.

Heißt das, daß Sie auf eine militärische Lösung setzen?

Ich bin gesprächsbereit. Ich habe sogar das Verbot der JVP aufgehoben. Wir bekommen das Problem aber auch militärisch unter Kontrolle.

In dem Friedensvertrag machen Sie weitgehende Zugeständnisse an die Tamilen. Ist der Vertrag von Indien erzwungen worden?

Es handelt sich um einen Vertrag zwischen zwei souveränen Staaten. Wir haben auch keine weitgehenden Zugeständnisse gemacht. Der Vertrag enthält nichts, was nicht schon in den direkten Verhandlungen mit den Tamilen 1985 auf dem Tisch lag. Auch dort hatten wir bereits die Bildung von Provinzräten angeboten.

Welche Unterstützung haben Sie während des Tamilenkonflikt vom Westen erhalten?

Wir sind im Stich gelassen worden. Keine Unterstützung. Nichts. Es waren alle auf der Seite der Tamilen.

Das Parlament wurde zuletzt 1977 gewählt. Die UNP hat sich ihre Mehrheit 1982 lediglich durch eine einfache Mehrheit in einem Referendum bestätigen lassen. Ihr ehemaliger Finanzminister Ronnie de Mel bezeichnet das Referendum heute als einen schweren Fehler und fordert Neuwahlen.

De Mel hat sich damals wie alle Kabinettsmitglieder für das Referendum ausgesprochen. Ein Referendum ist eine demokratische Sache. Wir haben das Volk gefragt, ob wir weiterregieren sollen. Die Mehrheit hat sich für uns entschieden. Können Sie sich etwas Demokratischeres als ein Referendum vorstellen?

Die Regierung verspricht seit längerer Zeit Neuwahlen. Wann wird denn nun gewählt?

Über den Wahltermin entscheidet alleine die Regierung. Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht getroffen worden. Präsidentschaftswahlen werden voraussichtlich gegen Ende des Jahres stattfinden.

Welche Chancen hat Ihre UNP angesichts der Ergebnisse der Provinzratswahlen im Laufe des letzten halben Jahres?

Wir haben in sieben Provinzen gewählt, und die UNP hat in sieben Provinzen gewonnen.

Die wichtigste Oppositionspartei, die SLFP von Frau Bandaranaike, hatte zum Boykott aufgerufen, und die Wahlbeteiligung war ungewöhnlich niedrig., in der Südprovinz lag sie unter 30Prozent.

Es waren ja nicht nur SLFP-Wähler, die zuhause geblieben sind. Viele Wähler hatten Angst vor Terroranschlägen. Viele haben auch die Bedeutung der Provinzräte noch nicht erkannt. Für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sind wir zuversichtlich.

Können Sie sich eine Situation vorstellen, in der Sie Präsident sind und Frau Bandaranaike oder ihr Sohn Anura Premierminister ist?

Ja, das wäre denkbar - wenn mir nichts anderes übrig bleibt. Das wäre ein Kohabitation wie bis vor kurzem in Frankreich. Warum soll das nicht auch in Sri Lanka gehen?

Sie haben einmal gesagt, daß es für die Entwicklung eines Landes der Dritten Welt einer starken Regierung bedürfe. Halten Sie ein demokratisches System überhaupt für richtig?

Churchill hat einmal gesagt, es gebe keine gute Regierungsform, aber von den schlechten sei die demokratische die beste. Ich habe genug Macht, um die Entwicklung voranzutreiben.

Wo soll die Entwicklung hingehen?

Die offene und liberale Wirtschaft muß beibehalten werden. Ein direktes Vorbild habe ich nicht, doch Süd-Korea und Taiwan verzeichnen Erfolge, die auch wir erreichen wollen.