Wer an der Rüstungsproduktion festhält...

■ ...hat den Anspruch verloren, Sozialdemokrat zu sein / Heftige Kritik aus der SPD an Wedemeiers Haltung zur Daimler-MBB-Fusion / Wedemeier: Vorwurf unberechtigt / Brückner: „Teile die Bedenken weitgehend“

Heute werden in Bonn vermutlich die letzen Hindernisse für einen Einstieg von Daimler Benz beim Rüstungskonzern MBB beseitigt. Während sich Bremens Bürgermeister Klaus Wedemeier bislang vor allem über die zukünftige Beteiligung Bremens im Aufsichtsrat von MBB sorgte und sich einer politischen Wertung der Daimler-Beteiligung völlig enthielt, wird jetzt grundsätzliche Kritik aus den Reihen der SPD laut. In einem der taz vorliegenden Schreiben vom 15.7. äußert der Vorsitzende des UB-Ost, Armin Stolle, heftige Kritik an der Haltung des Bürgermeisters.

Die rasante Entwicklung des Konzerns zum größten Rüstungsproduzenten der Bundesrepublik sei, so schreibt Stolle, belastend und erschreckend. „Das Bundesland Bremen gerät in eine aussichtslose Abhängigkeit von der Rüstungsproduktion.“ Die Absicht Wedemeiers, den Sitz im Aufsichtsrat notfalls mit einer Kapitalerhöhung von 40 Mio Mark zu erhalten, in der Hoffnung, damit wenigstens die Luft – und Raumfahrtproduktion in Bremen zu sichern, sei eine Illusion.

Weiter bemängelt Stolle, daß der Bürgermeister im Gegensatz zur SPD-Bundestagsfraktion, dem Gesamtbetriebsrat bei MBB und der IG Metall keine Bedenken gegenüber der unauflösbaren wettbewerbsfeindlichen Machtkonzentration geäußert habe: „Du solltest die derzeitige Entwicklung differenzierter kommentieren, als Du das bisher getan hast.“

Sowohl in den Beschlüssen des SPD-Bundesparteitages in Nürnberg 1986 als auch im „Bremen Plan 87“ seien Alternativen zur Rüstungsproduktion aufgezeigt worden. „Soll das alles Makulatur sein?“ Und ohne Wedemeier direkt anzusprechen stellt Stolle fest: „Wer die hohen Gewinne in der Rüstungsproduktion halten (...) und den Export von Rüstungsgütern in die Krisengebiete dieser Welt fortsetzen will, hat den Anspruch verloren, Sozialdemokrat zu sein!“

Im Antwortbrief des Bürgermeisters findet sich wiederum kein kritisches Wort zur Entstehung eines „militärisch –industriellen Komplexes“ (so Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau). Vielmehr hofft Wedemeier, daß sich MBB durch den Daimler-Einstieg „aus der Abhängigkeit von der bayrischen Staatskanzlei befreien kann.“ Dieser Einfluß habe zu einer ständigen Benachteiligung der MBB-Werke im Norden geführt. Er selbst habe sich dafür eingestzt, zivile Produktion nach Bremen zu holen. So sei es auf seine monatelangen, intensiven Bemühungen zurückzuführen, daß der Flügel des Airbus A 330/340 in Bremen und nicht in England gebaut werde. Dadurch werde Rüstungsproduktion in Bremen reduziert. Diesen Einfluß habe er nur Dank seines Aufsichtsratsmandates ausüben können.

Die Kritik aus der Bundes-SPD und der IG Metall gibt Wedemeier in dem Schreiben zurück. Anders als der IG Metall –Vorsitzende hätten die Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat „keinen Widerspruch angemeldet“, sondern lediglich Nachfragen gestellt. Und die SPD-Fraktion habe ein Jahr geschwiegen, ehe sie sich jetzt zu Wort melde,“ohne ein Telefonat mit dem Bremer oder Hamburger Bürgermeister geführt zu haben.“ Wedemeiers Fazit: Die Möglichkeiten Bremens, auf die Unternehmenspoltik Einfluß zu nehmen, sind bescheiden, werden aber ausgenutzt.

Der SPD-Vorsitzende Brückner wollte eine Bewertung erst nach der Landesvorstandssitzung in der nächsten Woche abgeben, verriet aber soviel: „Ich teile weitgehend die Kritik von Armin Stolle, sehe aber auch die Notwendigkeit, bremische Interessen zu vertreten.“ Das Ziel der Bremer SPD, Rüstungskonversion zu beschleunigen, werde, so Brückner, durch den Daimler-Einstieg konterkariert.

hbk