Widrigkeiten

■ An der Gedächtniskirche herrscht Ordnung

Zucht und Ordnung muß herrschen, besonders in Berlin. Wo kommen wir denn da hin, wenn irgend so ein Schmutzfink einfach seine Füße auf eine öffentliche Bank stellt, und das auch noch mitten auf dem Breitscheidplatz. Das muß doch wohl bestraft werden, meinte zumindest ein eifriger Ordnungshüter. Mit einigen seiner grünen Kollegen jüngst im Herzen der City auf Kontrollgang, ertappte er einen Übeltäter auf frischer Tat. „Füße runter!“, herrschte er den jungen Mann an. Dieser saß gemütlich und vergnügt mit ein paar Freunden auf einer der abgewetzten braunen Bänke vor der Gedächtniskirche und wußte gar nicht, wie ihm geschah. „Wie, Füße runter, warum denn das in Gottes Namen?“, fragte er freundlich, während seine Freunde und vorbeigehende Touristen sich ein Schmunzeln schon nicht mehr verkneifen konnten. Doch zum Scherzen war dem großen, kräftigen Polizisten gar nicht zumute. Er schmiß sich in die Brust und erklärte wichtig, im Namen des Gesetzes sei das eine Ordnungswidrigkeit, und er wolle jetzt die Personalien aufnehmen und Anzeige erstatten. Das wurde dem Betroffenen dann doch zu bunt, und er tauschte, unter dem zunehmenden Gelächter der umstehenden Touristen, seinen Personalausweis gegen die Dienstnummer des Beamten. Das ganze Schauspiel hatte allerdings keine Folgen, denn natürlich ist es nicht verboten, seine Füße auf eine Bank zu stellen. Doch wie die taz aus gut informierten Kreisen erfuhr, hatte der Auftritt des Mannes in Uniform schon seinen Sinn. Die Polizei beteiligt sich nämlich auch am Kulturspektakel E-88, und zwar mit dem Stück: Reine Schikane.

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