Grüne gegen Asyl für Roma

■ Bremerhavener Kreisverband lobt Maßnahmen des Magistrats: Einführung von Fertig-Essen statt Auszahlung der Sozialhilfe / Bremer Landesvorstand hält dagegen: Alle Asylbewerber anerkennen

Seit vergangener Woche bekommen über 600 Flüchtlinge, die in Bremerhaven Asyl beantragten und vom Zirndorfer Bundesamt noch nicht einem anderen Bundesland zugewiesen wurden, statt Sozialhilfe nur noch ein Taschengeld und Fertig-Essen (vgl. dazu taz vom 28. und 29.7.). Während

im „Sammellager“ Stormschule knapp 100 Roma mit ihrem Boykott des unter Plastikfolie eingeschweißten „Einheitsbreis“ inzwischen zumindest einen ordentlichen „Nachschlag“ durchsetzen konnten, haben aus den anderen Notunterkünften die ersten 16 Familien ihren Asylantrag

wieder zurückzogen. Gleichzeitig tobt innerhalb der Grünen ein Streit um die Berechtigung der Flüchtlinge, in Bremerhaven zu bleiben.

„Die Grünen sind der Auffassung, daß es sich bei der Volksgruppe der Roma aus dem südjugoslawischen Bitola nicht um po

litische Flüchtlinge handelt“, teilte der Bremerhavener Kreisverband der Grünen am Freitag in einer Presseerklärung mit und folgert aus der „vor Ort“ gewonnenen „Auffassung“: „Die Grünen teilen daher die Meinung des Magistrats, die Gewährung der Hilfe zum Lebensunterhalt in taschengeldmäßige und sächliche Hilfe in Form von Gemeinschaftsverpflegung aufzusplitten; in der Überzeugung, daß diese Maßnahme allein die Familien größtenteils zur Rückkehr in ihre Heimat veranlassen und sich die Situation vor Ort entspannen wird.“

Gemeint ist nicht die Situation in Bitola, sondern in Bremerhaven. Zumindest innerhalb der Grünen Partei ist nach dieser Presseerklärung, die in drastischem Gegensatz zum Partei-Programm steht, eher mit dem Gegenteil zu rechnen.„Ich begreife nicht, daß Grüne so eine Meinung öffentlich vertreten!“ Lotte Rogsch, ehemalige Stadträtin und Vorstandsmitglied des Bremerhavener Kreisverbandes, war noch gestern sprachlos. An der veröffentlichten Erklärung war sie nicht beteiligt, ein Kreis von acht Stadtverordneten und zwei der fünf Vorstandsmitglieder hatte sie am Donnerstag mit

knapper Mehrheit beschlossen, vom Vorstand hatte jedoch nur dessen Sprecher Bernd Vogel zugestimmt.

Protest gegen den grünen Wunsch nach dem Verschwinden der jugoslawischen Flüchtlinge gab es postwendend auch aus Bremen. „Asylbewerber, deren Motive eher wirtschaftlicher als politischer Art sind, sollten ebenso als Flüchtlinge behandelt und anerkannt werden“, erklärte der Sprecher des grünen Landesvorstands, Dieter Mützelburg. Bremerhaven sollte deshalb „soziale Unterstützung und Sozialhilfe“ bereitstellen. „Das ist - auch nach der Vernichtung und Vertreibung der Roma in der Nazizeit - eigentlich selbstverständlich“, so Mützelburg.

Allerdings machte sich der Bremer Landesvorsitzende gestern wenig Hoffnung auf die Wirkung seiner Worte im fernen Bremerhaven: „Es ist schwer, das unseren Provinzpossenpolitikern klar zu machen.“ Die Presseerklärung spiegele jedoch nur die Meinung einiger Bremerhavener Grüner wider. Am Dienstag wird eine Kreismitgliederversammlung über die Flüchtlings-Frage debattieren, Mützelburg will dabei sein: „Mal sehen, was dann beschlossen wird.“

Ase