Offene deutsche Fragen

■ Zunehmende Zahl von Aussiedlern und Umsiedlern wird politisch nicht offen diskutiert Nur Heinrich Lummer ruft: „Bleibt drüben!“ / Derweil wachsen die Probleme

Heinrich Lummer, Ex-Innensenator und jetziger Berliner Abgeordneter in Bonn, hat sich in der ihm eigenen Weise mit dem Problem der Umsiedler und Aussiedler, die derzeit verstärkt nach Berlin kommen, auseinandergesetzt. Viele, die hier ihre deutsche Herkunft geltend machten, „können als einziges nachweisen, daß sie mal einen deutschen Schäferhund hatten“, wußte der Mann fürs Grobe über die polnischen Aussiedler. Und auch die DDR-Umsiedler bleiben bei Lummer nicht ungeschoren. Zu Hause sollten sie bleiben, und dort für eine Veränderung der Verhältnisse sorgen.

Lummers starkes Wort fördert zutage, was andere Politiker nur insgeheim zu denken wagen. Die von seiten der Bundesregierung ständig geäußerte Versicherung, jeder deutschstämmige Ostblockbürger könne in der Bundesrepublik Aufnahme finden, stößt dort auf zunehmende Resonanz. Bis zu 200 Umsiedler, Aussiedler und polnische Asylbewerber kommen derzeit täglich in die Stadt. Ein Grund, auch für die SPD, zu fragen, wie lange das noch so weitergehen könne.

Vorsichtig formulierte es die Spandauer Sozialstadträtin Mende: „Man muß sich fragen, ob es richtig ist, die Leute noch zu ermuntern herzukommen“. Niemand überlege vorher, wie man sie unterbringen könne und wo diese Menschen Arbeit fänden, kritisierte die Stadträtin.

Die Bezirkssozialstadträte sind mittlerweile sauer auf den Senat. Sie stehen mit den Problemen, wie berichtet, alleine da. Die Unterbringung der Aussiedler ist nicht zu gewährleisten. Alle Übergangsheime der Stadt sind überbelegt. Das Haus des DRK in der Spandauer Streitstraße, ausgelegt für im äußersten Notfall 1.000 Betten, beherbergte Ende letzter Woche über 1.100 Menschen. Davon waren 850 polnische Asylbewerber, Aussiedler und Umsiedler.

Der Weddinger Sozialstadtrat Nisble schätzt die Situation als „dramatisch“ ein und hat bereits Turnhallen und Jugendheime herrichten lassen. Der Spandauer Heimleiter Wittkopp weiß auch von einigen Aussiedlern zu berichten, die aus Enttäuschung über die aussichtlose Situation ihre Koffer wieder packen.

Der Senat überläßt die politischen Vorschläge bislang Heinrich Lummer: „Wir sollten nicht so tun, als sei das (die Ausreise, d. Red.) erwünscht.“ Immerhin will sich die Senatorenrunde morgen mit den Problemen befassen.

bf