: Zweite Chance für Friedensdialog in Kolumbien
Nach dem ersten Treffen am Wochenende in Bogota soll eine Kommission „für das demokratische Zusammenleben“ einberufen werden / Weiter Hoffnung auf Teilnahme der Regierung und der Guerillakommandanten / Unterdessen geht der schmutzige Krieg pausenlos weiter ■ Aus Bogota Ciro Krauthausen
Ohne Vertreter der Regierung und ohne Guerillakommandanten kam es am Freitag in der Hauptstadt Bogota zu einem Treffen „für den Frieden“ mit rund 30 Delegierten der politischen Parteien, der Wirtschaftsgremien, der Kirche, der Gewerkschaften und der Bürgerbewegungen. Die Guerillaorganisation M-19 hatte diesen „Nationalen Dialog“ im Zuge der Entführung des konservativen Spitzenpolitikers Alvaro Gomez Hurtado gefordert.
Die Delegierten einigten sich darauf, die Verhandlungen weiterzuführen und für den 22.8. eine neue Kommission „für das Demokratische Zusammenleben“ einzuberufen. Bis dahin, so wurde allseits gehofft, werden auch die Regierung und die Guerilla an den Verhandlungen teilnehmen und der zu erarbeitenden Friedensinitiative den notwendigen Rückhalt geben. Das neue Gremium soll innerhalb von 30 Tagen Vorschläge zur Befriedung des vom Bürgerkrieg zerrissenen Landes formulieren. Weniger Anklang fand dagegen der Vorschlag, Vertreter des „aufstrebenden Kapitals“, also der Drogenmafia, in die Verhandlungen miteinzubeziehen. Antonio Navarro Wolf, die Nummer Zwei des M-19, durfte seine Kritik an der Regierungspolitik nur per Videokassette mitteilen, die anderen Guerillabewegungen beließen es bei schriftlichen Erklärungen. Der Grund: Die Generäle hatten damit gedroht, daß jeder Guerillero, der zum Gipfeltreffen in Bogota auftaucht, festgenommen werde.
Die Regierung hatte vor dem Treffen wiederholt davor gewarnt, daß sie sich nicht zu Verhandlungen „erpressen“ lasse. Bis zum 22.August könnte sich dieser Einwand erübrigen. Dann bliebe aber immer noch der hartnäckige Widerstand der Militärs, die bisher jegliche Verhandlung mit der Guerilla abgelehnt haben. Wichtig für die Friedensverhandlungen wird auch das künftige Verhalten des Kongresses sein, der sich einem von der Regierung vorgelegten Verfassungsreformprojekt gegenübersieht. Falls sich die Parlamentarier - mehrheitlich Großgrundbesitzer zu den demokratischen Reformen aufraffen, könnte dies von der Linken als ein positives Zeichen gedeutet werden. Durch den erreichten Aufschub ist der „Nationale Dialog“ noch nicht gänzlich gestrandet, doch hat er den sicheren Hafen des unverbindlichen Plauderns auch noch nicht verlassen. Nach dem Ende der Gespräche kritisierte Ex-Geisel Gomez, der als Vertreter seiner konservativen Partei bei dem Treffen dabei war, die Abwesenheit der Regierung und nannte den Dialog ein „bedeutendes Ereignis“.
Derweil geht der schmutzige Krieg pausenlos weiter. Dienstag wurden im nördlichen Department Cordoba acht Bauern von Todesschwadronen niedergemetzelt. Donnerstag nachmittag ermordeten Killer in der Erdölstadt Barrancabermeja, die Gewerkschafter Louis Antonio Martinez und Juan Carlos Hernandez. Daraufhin lieferten sich Demonstranten und die Milizen der Guerillabewegung ELN Gefechte mit Militär, Polizei und vermeintlichen Angehörigen der Todesschwadronen. Mindestens ein Mensch kam bei den Auseinandersetzungen ums Leben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen