Visa-Plastikgeld erobert den bundesdeutschen Markt

■ Kooperation mit Landesgirokasse / Schuß vor den Bug der Deutschen Bank

Berlin (taz) - Auf dem Kreditkartenmarkt ist der Teufel los. Vorläufiger Gewinner des Wettrennens um Kooperationsbeziehungen mit Banken und Sparkassen als den traditionellen Kreditgebern und damit dem Zugang zu deren Kundenpotential ist die Visa-Gruppe. Ihr ist es jetzt gelungen, die Stuttgarter Landesgirokasse - immerhin die zweitgrößte Sparkasse in der Bundesrepublik - als Lizenznehmer des Visa-Symbols zu gewinnen. Damit können die Stuttgarter Banker eine Kreditkarte in ihrem Hausdesign ausgeben, die durch das Visa-Logo auf dem rechten Drittel des Plastikgeldes national und international von den Visa -Vertragshändlern als Zahlungs- und Kreditmittel akzeptiert wird. Neben der Banco de Santander, der CC-Bank, der KKB -Bank und der der für den Spätsommer geplanten Ausgabe einer Visa-Karte bei der Noris-Verbraucherbank sind die Stuttgarter das fünfte Geldinstitut, das mit dem Marktführer der Plastikgeld-Branche kooperiert.

Daß das mit 175 Millionen Karteninhabern weltweit verbreitetste Plastikgeld sich auch in der Kreditkarten -Provinz Bundesrepublik an Boden gewinnt, wäre nicht verwunderlich, hätte nicht im vergangenen Jahr die Gesellschaft für Zahlungssysteme (GSZ) in Frankfurt massiv versucht, ein eigenes System zu etablieren. Unter Federführung von Ulrich Weiss, in Personalunion Vorstandsmitglied der Deutschen Bank und Präsident von Eurocheque International, war die „Europlus„-Karte kreiert worden. Mit ihr wollte das deutsche Kreditgewerbe eine einheitliche Kreditkarte der Banken schaffen. Schon Mitte Juli des vergangenen Jahres hatte sich mit der Bekanntgabe des Projekts einer „Deutschen Kreditkarte“ des Handels und des Gaststättengewerbes abgezeichnet, daß die Plastikgeld -Front in Bewegung geraten würde. Die Banken - und als Inkarnation des deutschen Oligopols die Deutsche Bank sahen der Besetzung und Aufteilung dieses lukrativen Marktes nicht tatenlos zu. Mit internen Bankabsprachen und einer intensiven Werbekampagne versuchten sie, die Konkurrenz aus dem Markt zu halten. Nachdem aber Europlus eine Reihe von technischen Mängeln aufwies und sich die tatsächlichen Nutzungsmöglichkeiten dieser Überraschungskarte immer nebelhafter darstellten, wurde unter Insidern immer lauter darüber spekuliert, daß es den Banken vor allem um Zeitgewinn ginge. Als Ziel dieser Verzögerungstaktik wurde ausgemacht, die großen internationalen Kreditkarten möglichst lange hin- und damit aus dem Markt zu halten. In der Bundesrepublik als Entwicklungsland im Bereich des elekronischen Zahlungsverkehrs sollte schnell noch eine eigene Bastion etabliert werden. Fürs erste ist dieser Versuch fehlgeschlagen.

Ein Sprecher der Landesgirokasse in Stuttgart kommentierte die sich hinziehenden und erfolglosen Verhandlungen der GSZ -Gremien enttäuscht: „Wir haben sieben Jahre gewartet, um zu sehen, was kommt.“ Visa-Europachef Patrick Bowden wertete die neue Allianz als „Dammbruch für Visa in der Bundesrepublik nach dem Scheitern der Europlus-Pläne.

Georgia Tornow