Verhaftungswelle in Ost-Jerusalem

Der Leiter des arabischen Studienzentrums in Ost-Jerusalem, al-Husseini, ist wieder verhaftet / Israels Behörden halten ihn für ein führendes Mitglied der PLO-Führung / al-Husseini war erst vor sechs Wochen entlassen worden / Über 60 Palästinenser festgenommen  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Am Wochenende sind in Ost-Jerusalem über sechzig Palästinenser festgenommen worden. Einer der Verhafteten ist der Leiter der „Gesellschaft für arabische Studien, Feisal al-Husseini. Die israelische, der Arbeiterpartei nahestehende „Frieden-Jetzt„-Bewegung protestierte in den letzten Tagen wiederholt gegen seine erneute Verhaftung. Auf Anordnung des militärischen Oberbefehlshabers der Besatzungsbehörden, General Mitzna, wurde er für sechs Monate in die sogenannte „administrative Haft“ genommen, wozu die Militärs weder eine Begründung noch eine gerichtliche Überprüfung benötigen.

Al-Husseini war erst vor knapp sechs Wochen aus einer neun Monate währenden „administrativen Haft“ entlassen worden und hatte vor kurzem an einem von der „Frieden-Jetzt„-Bewegung organisierten Symposium teilgenommen, bei dem israelisch -palästinensische Friedensgespräche propagiert wurden. Die israelischen Behörden halten al-Husseini für eine zentrale Figur der lokalen PLO-Führung und werfen ihm vor, sofort nach seiner Entlassung politische Aktivitäten aufgenommen zu haben. Militärs durchsuchten am Wochenende seine Wohnung und das Büro der „Gesellschaft für arabische Studien“ und erklärten anschließend, man habe „feindliche Literatur und Flugblätter“ gefunden. Die israelischen Behörden schlossen das Büro und die Bibliothek des Zentrums für ein Jahr. Der Leiter der Ost-Jerusalemer Handelskammer, Mustafa Abu Zahara, wurde wegen „Aufruf zum Händler-Streik und Steuer -Boykott“ ebenfalls für sechs Monate in Haft genommen.

In einem Interview, das al-Husseini unmittelbar nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis gab, sagte der Sozialwissenschaftler, er sehe keine Notwendigkeit, Gewalt anzuwenden, um einen unabhängigen palästinensischen Staat zu erlangen. „Ich kann mich selbst nicht als Militärgouverneur von Tel Aviv sehen. Ich will keine palästinensischen Jugendlichen in Grenzschutzuniformen sehen, die auf jüdische Jugendliche schießen oder sie verhaften, so wie es israelische Soldaten heute in den besetzten Gebieten tun. Ich glaube, daß unsere Philosophie an humaneren Konzepten orientiert ist“. Zur Perspektive einer internationalen Nahost-Friedenskonferenz meinte er: „Die Konferenz kann nur stattfinden, wenn sich eine starke und mutige israelische Führung entschließt, daran teilzunehmen. Eine solche Führung gibt es heute nicht. Wir müssen bis nach den Wahlen im Herbst warten, wo entschieden wird, ob es eine Likud- oder eine Arbeiterpartei-Regierung gibt. In beiden Fällen werden sie eine Unterdrückungsschlacht gegen uns führen. Die Palästinenser haben jedoch in der Intifada bewiesen, daß wir auch diese Schlacht durchstehen können.“