Geisterschiff mit strahlendem Bauschutt

■ Derc deutsche Frachter „MS Petersberg“ fährt seit vier Wochen quer durchs Schwarze Meer und sucht einen Hafen / Radioaktive Ladung von der Türkei und von Rumänien zurückgewiesen / Heftige diplomatische Aktivitäten / Vor Versenkung der Ladung gewarnt

Bonn (ap) - Ein mit 1.300 Tonnen radioaktivem Bauschutt beladenes deutsches Schiff kreuzt seit mehr als einem Monat im Schwarzen Meer, nachdem sowohl die Türkei als auch Rumänien der Besatzung verboten haben, die Ladung zu löschen. Ein Sprecher des Bonner Verkehrsministeriums bestätigte am Montag eine Meldung der 'Süddeutschen Zeitung‘, wonach auch Rumänien die Ladung der MS Petersberg nicht an Land lassen will und alle Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres gewarnt hat.

Die MS Petersberg habe, vom Bayerischen Lloyd in Regensburg beauftragt, in Wien Bauschutt eines Chemiewerks geladen, sagte der Sprecher des Ministeriums. Während er von einer Strahlung unterhalb jeder Toleranzgrenze sprach, zitierte die 'Süddeutsche Zeitung‘ Quellen in Bukarest, die behaupten, das Schiff sei mit „hochverseuchtem Atommüll“ beladen: „Die Fracht, nach den Zollpapieren angeblich nur leicht kontaminierter Bauschutt, wurde in Wien an Bord genommen und war offenbar zunächst für den türkischen Hafen Izmit bestimmt gewesen.“ Dort lag das Schiff vier Wochen. Dann hätten die türkischen Behörden eine Probe genommen, die eine Strahlung von 140 Becquerel angezeigt habe. Die Türkei habe dann nein zur Entladung des Schiffes gesagt, hieß es in Bonn weiter. Die Petersberg sei daraufhin zum Freihafen Sulina in Rumänien gefahren, wo das Schiff entladen und der Bauschutt zur Entsorgung nach Bulgarien habe gebracht werden sollen. Rumämien habe die Genehmigung aber verweigert und alle Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres benachrichtigt. Inzwischen sind Diplomaten aus mindestens vier Ländern eingeschaltet, um nach einer Lösung zu suchen. Rumänien warnte zugleich davor, daß die Ladung der „Petersberg“ einfach versenkt werden könnte.

Eine türkische Militärpatrouille hatte die MS Petersberg am 25.Juli gestoppt und in die internationalen Gewässer des Schwarzen Meeres geschickt, sagte der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. Die türkischen Behörden prüften zur Zeit, ob sie dem Schiff die Rückfahrt durch die Dardanellen und den Bosporus ins Mittelmeer erlauben wollten. Die Experten im Bonner Ministerium hätten sowohl mit den türkischen als auch den rumänischen Behörden und dem Auftraggeber Bayerischer Lloyd Kontakt und untersuchten, welche „Mitwirkungsmöglichkeiten“ die Bonner Behörde habe. Nach dem Verursacherprinzip müsse das Schiff zurück nach Wien fahren, hieß es. Als beste Lösung nannte der Sprecher die Rückfahrt der MS Petersberg über die Donau. Dabei müsse Rumänien allerdings zuvor zustimmen.

Der Bayerische Lloyd in Regensburg lehnte eine Auskunft zur MS Petersberg zunächst mit dem Hinweis ab, daß Direktor Hans Mayer und Vorstandsmitglied Karl Brevi wegen des Falls unterwegs seien, aber allein Auskunft geben dürften. Später hieß es, der Bayerische Lloyd habe vor der Übernahme des Transports ein Gutachten über die Ungefährlichkeit des Bauschutts erhalten. Außerdem habe eine Einfuhrlizenz der türkischen Behörden vorgelegen. Die Regensburger Firma habe ihren Angaben zufolge unter Würdigung dieser vorliegenden Papiere den Transport dann übernommen.

Die „Petersberg“ ist ein in Haaren an der Ems beheimatetes Schiff, das von einer dänischen Reederei auf Zeit gechartert und an den Bayerischen Lloyd in Regensburg weitervermietet wurde, mit dem Auftrag, in Wien Abfälle eines Chemiewerks aufzunehmen und in die Türkei zu bringen.