IRA-Bombenanschlag auf Londoner Kaserne

Ein Toter und neun Verletzte bei IRA-Anschlag auf Kaserne der britischen Armee / Seit drei Jahren der erste Anschlag auf britischem Festland / Premierministerin Thatcher zur Zeit auf Australienreise, bekundet per Fernsehen ihre Betroffenheit  ■  Aus London Rolf Paasch

Bei einem Bombenanschlag der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) auf eine Londoner Kaserne sind am Montag morgen ein Soldat getötet und neun weitere zum Teil schwer verletzt worden. Die in weiten Teilen Londons hörbare Explosion ereignete sich in dem Teil der Kaserne im Nordlondoner Stadtteil Mill Hill, in dem das Posthauptquartier der Armee untergebracht ist. Insgesamt leben rund 250 Soldaten auf dem Gelände. „Anti-Terror„-Experten von Scotland Yard suchten die völlig zerstörten Wohnquartiere der Soldaten am Montag nachmittag nach den Spuren der Bombe ab. Die IRA hatte kurz nach der Explosion die Verantwortung für den Anschlag übernommen.

Ziel der IRA war es offensichtlich, mit dem Anschlag an der Grenze zu Frau Thatchers Londoner Wahlkreis in Finchley, die Premierministerin zum Abbruch ihrer Australienreise zu zwingen und damit einen Propagandaerfolg für sich zu verbuchen. Nur wenige Stunden vor der Explosion in London war Frau Thatcher bei ihrem Eintreffen in der australischen Stadt Perth von einer Gruppe lautstark demonstrierender IRA -Sympathisanten begrüßt worden. Kurz darauf erfuhr sie von dem Anschlag in Mill Hill und televisionierte ihre „Betroffenheit“ nach London.

Mit dem Anschlag auf die „Inglis Barracks“ von Mill Hill hat die IRA ihre dreijährige Pause von Bombenanschlägen auf dem britischen Festland beendet. In den letzten Monaten hatte die für den Rückzug der britischen Armee aus Nordirland kämpfende Organisation mehrere Attentate und Attentatsversuche auf Angehörige der in Holland und der Bundesrepublik stationierten britischen Truppen verübt. Nach zahlreichen Fahndungserfolgen der britischen Sicherheitskräfte in Nordirland war es für die IRA-Kommandos schwieriger geworden, in Großbritannien selbst zu operieren. Ihren letzten erfolgreichen Bombenanschlag in Großbritannien hatte die IRA im November 1985 auf die Londoner „Chelsea Barracks“ verübt. Damals kamen zwei Soldaten ums Leben. Bei dem bisher spektakulärsten IRA-Attentat vom Oktober 1984 auf dem Konservativen Parteitag im südenglischen Brighton waren Premierministerin Thatcher und ihre Kabinettsmitglieder nur durch Zufall unverletzt geblieben.

Nach der Ermordung eines IRA-Kommandos durch die britische „Anti-Terror„-Einheit SAS in Gibraltar im März dieses Jahres stellt der jüngste Anschlag in London nach langer Zeit wieder einen Propagandaerfolg für die IRA dar.