Revolte in der Jungen Union

■ Kritik an der Südafrika-Reise des JU-Vorsitzenden Sohn zieht immer größere Kreise / Auch im konservativen Flügel der JU wird Sohns Alleingang angegriffen

Gunnar Sohn, Vorsitzender der Jungen Union Berlin, gerät wegen seiner geplanten Reise nach Südafrika, die vom Rassistenregime finanziert wird, immer mehr unter Beschuß durch Vertreter von CDU-Nachwuchsorganisationen. Gestern distanzierte sich der Landesvorsitzende der Berliner Schüler -Union, Markus Groß, vom Trip in den Apartheid-Staat. Groß bezeichnete die internen Auseinandersetzungen als „peinliches Schauspiel“, das sich „mehr und mehr zu einem Skandal“ ausweite. Weil Gunnar Sohn trotz der Kritik, die „aus allen Flügeln kommt“, an der Reise festhalte, habe sich der JU-Landesvorstand aus der Südafrika Politik der Union „ausgeklinkt“. „Gerade in einem Moment, wo die gesamte Welt mit erhobenen Finger auf Südafrika zeigt und die Freilassung Nelson Mandelas fordert, veranstaltet der Landesvorstand eine Urlaubsreise nach Südafrika!“ empört sich Groß.

Schon am Wochenende hatte der Kreisverband Neukölln der Berliner Schüler Union indirekt den Rücktritt von Sohn gefordert, indem er nach „unabdingbaren politischen Konsequenzen“ verlangt hatte.

Neu an der Südafrika-Kontroverse innerhalb der JU ist, daß die Angriffe gegen Sohn nicht mehr nur vom Reformflügel der Nachwuchsorganisation erhoben werden. Die Kritik reicht weit in das konservativ orientierte Lager der JU hinein. Nach Informationen der taz organisierte Sohn in der vergangenen Woche deshalb eine „Krisensitzung“, an der die Vorsitzenden aller nicht-reformorientierten Kreisverbände teilnahmen. Selbst dort wurde ihm das Ticket in den Apartheid-Staat um die Ohren gehauen.

Sohn fliegt mit zwei anderen Landesvorständlern und dem Geschäftsführer der Jugendorganisation am kommenden Samstag mit der South African Airlines Richtung Botha.

Der Landesvorstand der Berliner CDU hält sich bisher bedeckt. Ein Sprecher des Landesverbandes erklärte auf Anfrage, daß „das die Sache der JU selbst“ sei, und daß die Tatsache, von einer Regierung eingeladen zu werden, noch nicht bedeute, auch ihre Politik zu unterstützen. Ansonsten, so der Sprecher weiter, seien alle in Urlaub und Südafrika „nicht mein Arbeitsgebiet“.

Als Programmpunkte für die JU-Reise vorgesehen sind unter anderem Gespräche mit Livingston Linda, einem konservativen, von der Opposition als (Fortsetzung auf Seite 18)

FORTSETZUNG VON SEITE 17

Kollaborateur verrufenem schwarzen Stadt-verwalter; mit Vertretern der im südafrikanischen Parlament vertretenen Parteien und mit konservativen Kirchenleuten des „Afrikanischen Christenkongresses“. Außerdem ist ein Abstecher in die Provinz Natal geplant, wo Kontakte mit der konservativen Zulu-Organisation Inkatha und deren Führer Mangosuthu Buthelezi aufgenommen werden soll. Inkatha war in letzter Zeit für blutige Kämpfe mit linken Oppositionsgruppen verantwortlich, bei denen Hunderte ums Leben kamen. JU-Vorsitzender Sohn beschrieb Inkatha gegenüber der taz hingegen als „Menschenrechtsgruppe der Zulus“. „Zur Opposition müßen wir die Kontakte alleine herstellen“, räumte Sohn allerdings ein. „Aber da haben wir gewisse Kontakte.“

Genaueres über sein Reiseprogramm weiß Sohn selbst noch nicht. Die Planung wird in Pretoria gemacht und über die südafrikanische Botschaft in Bonn an die JU weitergegeben. Ein Sprecher der Botschaft sagte, daß es sich bei den Gesprächspartnern der JU um „wichtige Leute“ handele, mit denen nur kurzfristig Termine gemacht werden könnten. „Wir machen aber auch vieles auf eigene Faust“, räumte Sohn ein. Dafür gebe es im Laufe der dreiwöchigen Reise genug Spielraum.

ccm/hb

(Siehe auch Seite 4.)