Wenn Bremen Stuttgart wäre...

■ ...gäbe es in Bremen viel mehr Geld / Wissenschaftliche Studie beweist: Bremens Finanzkrise ist nicht hausgemacht / Erneute Klage in Karlsruhe ist berechtigt

Wieviel Geld hätte Bremen, wenn Bremen Stuttgart wäre? Natürlich soviel wie Stuttgart, könnte der Laie denken. Doch so einfach machen es sich Wissenschaftler nicht: Fünf Jahre lang haben die Ökonomen Rudolf Hickel, Bernhard Roth und Axel Troost an der Bremer Uni geforscht und gerechnet, um herauszufinden, wie es den Bremer Finanzen gehen würde, wenn unsere Stadt nicht gleichzeitig Bundesland wäre, sondern wie Stuttgart als Landeshauptstadt vom Umland profitieren würde. Gestern konnten sie nun in einem 300 Seiten dicken gelben Band unter dem Titel „Stadtstaat Bremen im föderalen Finanzsystem“ das wenig überraschende Ergebnis vorstellen: Wenn Bremen Stuttgart wäre, dann ginge es Bremen finanziell viel besser.

„Die Bremer Haushaltskrise ist im wesentlichen nicht hausgemacht, sondern auf die besondere Situation als Stadtstaat zurückzuführen“, faßte Bernhard Roth die Studie zusammen, zu der Finanzsenator Grobecker keinen Pfennig dazubezahlt hat, wie er gestern mehrmals versicherte. Den

noch soll sie ihm nun gute Dienste leisten, wenn Bremen im Herbst zum zweiten Mal vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe auf Besserbehandlung im Länderfinanzausgleich klagen will.

Vor allem im Bereich der sogenannten „Einwohnerwertung“ will Grobecker dann endlich mehr für Bremen erreichen. Seit 1969 zählen die BürgerInnen der Stadtstaaten im Länderfinanzausgleich 1,35fach. Grobeckers Behörde hält jedoch erst eine „Einwohnerwertung“ von 1,63 für gerecht. Dem pflichtet nun auch die Studie bei: Zwischen 1,73 und 1,63 müßten nach Meinung der Wissenschaftler Bremens Bürger gewichtet werden, damit aus Bremen Stuttgart werden könnte. Denn schließlich werden dort die Uni, das Theater und viele weitere kommunale Einrichtungen aus Landesmitteln bezahlt, eine Subventionierung der Hauptstadt durch das Umland, die es im Stadtstaat nicht geben kann.

Bei ihren Berechnungen stützten sich die Wissenschaftler auf Daten des Münchener „Ifo-Gutachtens“, mit dem im vergangenen Jahr die Forderungen der

Stadtstaaten abgebügelt worden waren. Eine Einwohnerwertung zwischen 1,25 und 1,45 hatte das Ifo-Gutachten als gerecht bewertet. „Die Daten mußten nur uminterpretiert werden“, erläuterte Rudolf Hickel das Vorgehen der Bremer Gruppe. Denn die im Ifo-Gutachten vorausgesetzte Vergleichbarkeit Bremens mit Großstädten wie Duisburg, Essen und Dortmund verkenne, daß eine Landeshauptstadt wie Bremen zusätzliche Funktionen wahrnehmen müsse.

Noch ärgerlicher als die systematischen Fehler des Ifo -Gutachtens sei jedoch der tatsächliche Entscheidungsprozeß des Länderfinanzausgleichs. „Das wird alles im Hinterzimmer ausgekaspert“, empörte sich Grobecker. Und zusammen mit Hickel und dem Verfassungsgericht forderte er nachprüfbare „objektive Kriterien“ für die Geldverteilung zwischen den Ländern. Wenn Bremen dann soviel Geld hätte wie Stuttgart, könnte Bremen damit allerdings auch soviel Mist machen wie die schwäbische Daimler-City. Doch das ist kein Thema für Finanzwissenschaftler.

Ase