Strahlenschutzexperten bei WAA-Anhörung

■ Bei Niedrigstrahlung Krebsrisiko höher als Strahlenschutzkommission behauptet

Neunburg vorm Wald (taz) - Die Erstellung eines strahlenbiologischen Gutachtens über die Auswirkung der Niedrigstrahlung auf den menschlichen Organismus forderte gestern beim WAA-Erörterungstermin in Neunburg vorm Wald, Rechtsanwalt Christoph Werner. Werner vertritt das österreichische Umweltministerium als Einwender und hatte für diesen 17.Tag der WAA-Anhörung die Wissenschaftler Dr.Alice Steward von der Universität Birmingham und Dr. Edward Radford aus den USA als Sachverständige geladen. Sie gelten als Pioniere bei den Untersuchungen über die Gesundheitsgefährdung durch radioaktive Niedrigstrahlung.

Die Epidemiologin Frau Steward konnte zusammen mit einem Kollegen die deutliche Erhöhung der Krebserkrankungen von Mitarbeitern der militärischen WAA im amerikanischen Hanford nachweisen. Die Wissenschaftlerin stellte fest, daß beim Zusammenwirken von künstlicher Radioaktivität aus Atomanlagen und natürlicher Strahlung die Krebshäufigkeit erhöht.

Das Risiko durch radioaktive Strahlung an Krebs zu sterben ist zehnmal höher als die Internationale Strahlenschutzkommission behauptet. Dieses Fazit ergaben 1983 die Untersuchungen des amerikanischen Strahlenexperten Radford an Atombombenopfern von Nagaski und Hiroshima. Gleichzeitig kritisierte Radford, der auch Sachverständiger bei den Anhörungen zum Reaktorunfall in Harrisburg und der Wiederaufarbeitungsanlage Windscale/Sellafield war, daß bei offiziellen Risikoabschätzungen nur die Krebstoten berücksichtigt werden, aber nicht die zahlreichen Krebsfälle, die nicht zum Tod führen. Aufgrund seiner Untersuchungen wurden in England bereits die Grenzwerte der Strahlenbelastung für Arbeiter in Atomkraftwerken gesenkt. „Das 30-Millirem-Konzept der Strahlenschutzkommission entspricht einem wissenschaftlichen Erkenntnisstand von 1962“, kritisierte auch der Mediziner und Zellbiologe Roland Scholz von der Universität München.

Einen Schadensersatz in Höhe von über 6.000 Mark fordert Rechtsanwalt Baumann als Vertreter der Oberpfälzer Bürgerinitiativen vom bayerischen Umweltministerium. Grund: Die überraschende Entscheidung des Versammlungsleiters Mauker den Themenplan der Erörterung zu ändern sei nicht vom Atomgesetz gedeckt.

lui