Sonntags für Touristen

■ Fischerhude, ein fast rundum idyllischer Flecken Erde, da wo die Wümme sich breit macht / Naturplaner gegen Bauern / Schlemmen, Bier und Kaffee

Fischerhude ist ein recht beschauliches Fleckchen Erde: auf einem Dünensandrücken in dem in Ottersberg beginnenden, einstmals vielarmigen Geflecht der Wümme gelegen, im Kontrast zu weiter Wiesenlandschaft, dem Waldgebiet der Surheide, den Ausläufern der Zevener Geest mit

seiner vielzelligen Quelkhorner Ackerlandschaft und den Randgebieten des Teufelsmoores, vermag dieses Dorf allein durch die Landschaft Reize zu erwecken. Die Kirche (1841 erbaut und gerade „runderneuert“), das Otto-Modersohn-Museum in der Bredenau, das Heimathaus Irmintraut (im September wird dieses Museum neu eingeweiht, dann soll es auch wieder Begegnungsstätte und Veranstaltungsort für die Fischerhuder Bevölkerung werden) und die Quelkhorner Windmühle sind die Denkmäler der Vergangenheit.

Darüberhinaus geistert die Bezeichnung „das Dorf der Künstler und der Bauern“ durch die Geschichtchen und Beschreibungen derjenigen, denen es dieses Dorf angetan hat. Wenn denn dieses märchenhafte Idylle versprechende Gütesiegel jemals der Wirklichkeit entsprach, so ist es heute ernsthaft bedroht. Die Lage der kleineren Bauern, die mit ihrer gewachsenen Bebauung so sehr das dorftypische Ambiente ausstrahlen, ist schwierig.

Neuere Verunsicherung hat die geplante Ausweisung eines Na

turschutzgebietes ausgelöst. Der World Wildlife Found, die Bezirksverwaltung Stade und der Landkreis Verden taten sich schwer, die Bedenken der Landwirte ernst und in ihre Planung aufzunehmen. Schließlich wurde dann doch eine „Betroffenheitsanalyse“ in Auftrag gegeben, die Ende August veröffentlicht werden soll. Der bisherige Stand der Dinge sieht vor: Renaturierung von Gewässern, Reduzierung des Wegenetzes und Aufhebung von Eindeichungen. Es geht um die Schaffung besserer Lebensmöglichkeiten für Feuchtwiesenvögel in einem Gebiet zwischen dem Ort Fischerhude und den schon unter Schutz gestellten Borgfelder Wümmewiesen. Die Kernzone soll sich selbst überlassen werden, damit sich ein Auenwald entwickeln kann. Die Randzone ist für extensive landwirtschaftliche Nutzung vorgesehen.

Es ist ein spannungsgeladener Konflikt zwischen Bauern und Naturschutzplanern, aber auch ein Konflikt um das beste Naturschutzkonzept. Manche UmweltschützerIn bevorzugt flächendeckend eine extensivere Landwirt

schaft. Das Naturschutzgebiet soll nicht nur Vorzeigeobjekt für das Land Niedersachsen werden, das im Bundesdurchschnitt noch ungenügend mit Naturschutzgebieten ausgestattet ist.

Ein anderes Problem entsteht durch die wochenendlichen Touristenströme. Jahrelang hatten viele örtliche Geschäfte auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet. Doch durch das Ansiedeln von neuen Verkaufsstätten drohte eine Kommerzialisierung, wie sie in Worpswede für viele Fischerhuder abschreckend vorgeführt wird. Der Ortsrat beschloß so vor vier Jahren, daß die Geschäfte zwar geöffnet haben , aber keine Artikel verkaufen dürfen. Davon ausgenommen sind natürlich Gaststätten und Cafes. Zum gemütlich-draußen-Sitzen geht mensch am besten in Körbers Gasthof nahe der Dorfweide. Schlemmen kann mensch bei reicher Auswahl im Gasthaus Surheide und zum Biertrinken bestehen dann immer noch viele Möglichkeiten. Mit dem Fahrrad erreicht mensch Fischerhude über Borgfeld und den Hexenberg oder über Oyten.

Christian Wiencke