Polizei auf teurem Fuß

■ Bremen will DM 1624,12 für Fehltritt eines Beamten / Wegen falscher Anschuldigung Kneipenwirt aufs Revier gebracht / Polizist trat daneben

Der Wirt vom „Kleinen Fenster“ war unschuldig und leistete nach Polizei-Aussagen nur passiven Widerstand. Sein Pech: Zwischen seiner Kneipe und dem für ihn bereitgestellten Streifenwagen verlief die Bordsteinkante. Just dort verknackste sich der Polizeibeamte Noffz, der den Wirt abführte, den Fuß. Jetzt soll der Wirt Verdienstausfall und Arztkosten für den Polizisten bezahlen.

Ein Gast des Lokals war zum Polizeirevier gekommen und hatte angegeben, vom türkischen Wirt des „Kleinen Fensters“ zusammengeschlagen worden zu sein. Verletzt war er nicht, aber sturzbetrunken - ebenso wie der Wirt selbst. Seine Ansprüche ge

gen den Wirt hat er inzwischen fallengelassen.

Natürlich wollte der Wirt sein Lokal nicht im Stich lassen und nur wegen einer Blutprobe aufs Revier kommen. Doch die Polizisten nahmen ihn in den Polizeigriff und zogen ihn auf den Rücksitz des Wagens. Noffz ging hinter dem Wirt und führte ihn nur locker am Arm, als er mit dem Fuß umknickte. „Die Verletzung ist nicht auf direkte Einwirkung durch den Tatverdächtigen entstanden“, heißt es in dem polizeilichen Protokoll, das direkt nach dem Unfall geschrieben wurde. Dennoch klagte die Stadt auf Schadensersatz gegen den Wirt: 64,69 Mark Heilbehandlungskosten hat der Polizeiarzt berechnet.

Acht Tage lang legte Noffz seinen bandagierten Fuß auf die Sofa-Lehne: 1.624,12 Mark beträgt der Verdienstausfall des Polizisten, das anteilige Urlaubs-und Weihnachtsgeld eingeschlossen.

„Wenn Polizeibeamte im Einsatz verletzt werden, macht die Stadt immer Schadensersatz geltend.“ Das erklärte Michael Grauvogel, Rechtsvertreter der Stadt, in der Verhandlung vor dem Blumenthaler Amtsgericht gestern gegenüber der taz. Mehr noch: Die Stadt sei sogar nach dem Bremischen Beamtengesetz dazu verpflichtet.

Solche Ansprüche der Stadt haben schon zu erbitterten Rechtsstreitigkeiten geführt, die mitunter bis vor den Bundesgerichtshof

in Karlsruhe getragen wurden. Die Rechtslage ist unübersichtlich: Wenn ein Polizist in Verfolgung eines flüchtigen Verdächtigen auf dem Rasen ausrutscht, muß die Stadt für seine Verstauchungen und die Grasflecken in seiner Uniform aufkommen. Springt ein Flüchtling aber aus dem ersten Stock und ein weniger sportlicher Beamter hinterher und verletzt sich, dann ist der Flüchtling schadensersatzpflichtig - so zwei Urteile des Bundesgerichtshofes. Wie der Blumenthaler Amtgerichtsdirektor Jürgen Frappier über den verknacksten Fuß des Polizeibeamten Noffz entscheidet, das verkündet er erst in drei Wochen.

mw