Strafbefehle bei RB

■ Im Mai besetzten türkische Revolutionäre ein Radio-Bremen-Studio Ermittlungen wegen „Freiheitsberaubung“ / Einspruch angekündigt

Gegen die Besetzer eines Radio-Bremen-Studios sind jetzt die ersten Strafbefehle ergangen: 20 Tagessätze zu jeweils 30 Mark hat Bremens politischer Staatsanwalt, Hans Georg von Bock und Polach, für die türkischen Revolutionäre festgesetzt. Der Vorwurf: Nötigung. Alle Beschuldigten sind sich einig: Sie wollen nicht bezahlen, sondern es auf einen Prozeß ankommen lassen.

Zur Erinnerung: Anfang Mai waren 17 Angehörige türkischer revolutionärer Gruppen in einen Regie-Raum und ein Sendestudio des Funkhauses eingedrungen. Dort wurde gerade die türkische Regionalsendung „Biz Bize“ ausgestrahlt. Die Demonstranten schalteten die Sendung ab und verlangten, daß eine Protesterklärung gegen den Polizeiterror in türkischen Universitäten verlesen wird. Die Radio-Bremen-Mitarbeiter lehnten ab. Programmdirektorin Karola Sommerey und Intendant Karl-Heinz Klostermeyer wurden gerufen. Der Intendant soll bereit gewesen sein, die vorbereitete Erklärung der Besetzer ausstrahlen zu lassen. Das sagte jedenfalls Hörfunkdirektorin Sommerey später beim Staatsanwalt. Schließlich unterzeichnete Frau Sommerey eine „Einladung“. In diesem Papier bekundete der Sender sein Verständnis für den Protest. Am folgenden Tag sollten VertreterInnen der Gruppe in Life-Inter

views ihren Standpunkt klarmachen. Zahide Aycicegi vom „Dachverband ausländischer Kulturvereine“, die sich an der Aktion beteiligt hatte, wurde am nächsten Tag in der Rundschau zu den Hintergründen befragt. Am Abend lief ein Interview mit einem Besetzer in türkischer Sprache in der Sendung, die am Vortag ausgeschaltet worden war: „Biz Bize“.

Als dieser Kompromiß geschlossen worden war, hatte das Sondereinsatzkommando der Bremer Polizei das Haus schon umstellt. Auch die Hundestaffel war vor Ort. Von einem Sturm des Studios konnte der Sender die Polizisten zwar abhalten. Aber sie bestanden darauf, die Personalien der Demonstranten festzustellen. Das, obwohl Radio Bremen auf eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch verzichtete. Der Kommissar vom Dienst, Gerber, machte geltend, daß Mitarbeiter von den Besetzern im Studio festgehalten worden wären. Das Delikt „Freiheitsberaubung“ müsse in jedem Falle von Amts wegen verfolgt werden.

„Wir haben keine Besetzung gemacht, sondern nur eine Protestaktion.“ Das sagte Ahmed Güler, einer der Besetzer und Buchhändler im „Fidan„-Laden am Sielwall. Er und die anderen hätten keine Gewalt ausgeübt, sondern lediglich mit einem Hungerstreik gedroht.

mw