Frühwarnsystem

■ Über eine kleine Strukturreform in der CSU

K O M M E N T A R

Ein Ereignis am Rande, aber symptomatisch: Die CSU will ein „Frühwarnsystem“ einrichten, einen „Koordinierungskreis“ zwischen Staatskanzlei und Partei. Dieses soll künftig „Erschütterungen“ wie den kürzlichen Streit um die Flugbenzinsteuer verhindern. Der Begriff „Frühwarnsystem“ entstammt bekanntlich der Militärstrategie und wird heutzutage auf Katastrophen im weitesten Sinne bezogen. Die Psychiatrie hätte gern ein „Frühwarnsystem“, für die Erdbeben wird noch eins gesucht und für die GAU-Gefahr gibt es angeblich eins. Welche Katastrophe will die CSU verhindern? Keine andere als die innerparteiliche Demokratie.

Die Auseinandersetzung um das Flugbenzin war, wie man sich erinnert, der erste Fall, wo die CSU-Fraktion es mit Mannesmut vor bayrischem Königsthron versuchte. Aus erhitzten Hinterzimmern kam basisdemokratisches Grummeln. „Glasnost“ und „Perestroika“ für die CSU wurde gewünscht. Die Partei bedrohte die Staatskanzlei mit Demokratie, und die Junge Union des Nachbarstaates forderte gar die Abschaffung von Küchenkabinetten und Elefantenrunden. Da das Charisma von Strauß nicht mehr ausreicht, muß eben der vorauseilende Gehorsam der Parteimitglieder hinkünftig bürokratisch koordiniert werden. Dieses „Frühwarnsystem“ bedeutet schlicht die endgültige Verstaatlichung der Partei, die Komplettierung des Filzes, es ist eine Ohrfeige für die innerparteiliche Demokratie. Allein, niemand wird aufschreien.

Eine begrüßenswerte Entwicklung: je mehr sich die CSU von der Staatskanzlei demoralisieren läßt, je enger sie sich an den Altersstarrsinn des auskeilenden Autokraten bindet, desto größer ist die Hoffnung, daß der für die Bundesrepublik einzigartige Albtraum amtlich praktizierter Verfassungsfeindschaft schnell zu Ende geht. Der CSU -Fraktionsvorsitzende Glück lehnte einen Alternativ -Kandidaten für Strauß zur Landtagswahl 1990 mit dem Hinweis ab, „die Güte Gottes“ habe „keine Grenzen“. Recht so: Warten wir nicht auf Demokratie, warten wir aufs Gottesurteil.

Klaus Hartung