Zündstoff

■ Zur DIW-Ausstiegsstudie aus der Atomkraft

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung gilt als gewerkschaftsnah und kann somit kaum in den Verdacht geraten, sonderlich atomkraftkritisch zu sein. Daher wiegt ihre Aussage, daß Hamburg ohne wesentliche ökologischen und ökonomischen Folgen aus der Atomenergie aussteigen kann, umso schwerer. Das Urteil gilt aber nicht nur für die Hansestadt: Wenn der Ausstieg schon für ein Bundesland, das über 80 Prozent seines Strombedarfes aus Atommeilern bezieht, möglich ist – wie leicht müßte das erst woanders gehen?

In Hamburg fehlte es bislang am Willen. Zwar hat die Dauerregierungs-Partei SPD seit Jahren den Ausstieg auf ihren Fahnen stehen, den sozialdemokratisch geführten Senat kratzte das aber wenig. Und wer die Sozis auf ihre Parteitagsbeschlüsse festnageln wollte, der wurde seit einem Jahr auf die atomkraftfanatischen Liberalen verwiesen, die als Partner den Ausstieg verhindern würden. Bürgermeister Voscherau jedenfalls, der zuvor jeden Ausstiegsversuch aus dem Hinterhalt torpedierte, lehnte sich seit Koalitionsbeginn bequem zurück.

Der Handlungsbedarf wird der SPD/FDP-Regierung seit Mai jedoch von Norden gezeigt. Denn die Bestellung des AKW –Kritikers Jansen in den Aufsichtsrat des Atomstromgiganten HEW durch die neue Kieler Landesregierung war mehr als nur symbolisch – auch wenn man der SPD ums Verrecken keine Wahlaussagen abnehmen sollte. Die DIW-Studie birgt also in zweierlei Hinsicht Zündstoff: Einerseits für die allgemeine Energiepolitik – „Der Ausstieg ist machbar, Herr Nachbar!“ in Hamburg und anderswo, und andererseits für den sozialliberalen Senat in der Hansestadt. Wenn die SPD-Linke nicht wieder den Schwanz einzieht, könnte es zum Treibhauseffekt kommen – im Rathaus.

Axel Kintzinger, Hamburg