Kellergewölbe voller Ignoranten

■ Pete Wyoming Bender liefen im Oldenburger „Wein-Krüger“ am Samstag bürgergemütliche Gäste durchs Programm, in völliger Mißachtung einer engagierten Rockmusik zum Zuhören

Daß die Geschäftsführerin eines renommierten Oldenburger Weinlokals auf die Idee kommt, in ihrem eigentlich sehr ansprechenden Kellergewölbe Musikveranstaltungen anzubieten, ist ja absolut o.k. Daß sie dann nicht irgendwelche weinseligen Heurigenschrammeln aufspielen läßt, sondern wie am vergangenen Wochenende - zwei Musiker der internationalen Spitzenklasse, auch das geht in Ordnung. Daß sie dann aber nicht nachdrücklich und energisch die äußeren Rahmenbedingungen für eine derartige Darbietung schafft, das ist schlichtweg unprofessionell.

Pete Wyoming Bender, deutschsingender U.S.-Amerikaner indianischer Herkunft, der seit 1962 in der Bundesrepublik lebt, ist seit Jahren eine Art Geheimtip für politisch engagierte, richtig gute Rockmusik (wird nicht selten als „profiliertester Liedermacher deutscher Sprache“ tituliert). Und gerade seine fast halsstarrige Weigerung, es seinen politischen Widersachern und Gegnern mal etwas leichter zu machen, bedingt wohl seine ewigen Status als Interpret jenseits des großen Komerzes.

Pete Wyoming Bender singt in ungezählten Live-Auftritten immer wieder gegen Dummheit von

Politik und Großkapital, gegen Rüstungsquatsch, planmäßige Umweltvernichtung, Neonazis, Rassismus und Gleichgültigkeit. Da nimmt er Partei für Friedensbewegung, Greenpeace, Toleranz und immer wieder für Kinder. Und prangert die unmenschlichen Zustände in U.S.-amerikanischen Gefängnissen an: „Da sitzten zu 90 % Schwarze. Hier in der Bundesrepublik, besonders in Bayern, da laufen die alle frei rum.“ Zwischendurch erweitert er das eigene Liederprogramm mit Coverversionen - Leonard Cohens „First we take Manhattan, then we take Berlin“ und auch mal ein Beatles -Medley.

Kettenrauchend bedient der in Frankreich, Alaska und Kalifornien aufgewachsene mittlerweile 45jährige sein Roland -Keyboard und singt mit leicht mehrere Oktaven umfassender Stimme zur Saxophonmusik des wirklich hervorragenden Joe Kucera aus Prag. Der hat schon mit so unterschiedlichen Musikern wie Werner Lämmerhirt, Alexis Korner und Harmonika -Virtuosin Lydie Auvray gespielt.

Pete Bender ist Kneipenmusikant, er will den direkten Kontakt zum Publikum, legt wenig Wert auf gepflegte Konzertatmosphäre. Was ihm allerdings im Ol

denburger „Wein-Krüger“ widerfuhr, lag dann doch jenseits der Frustrationsschwelle: „Ihr könnt mich mal kreuzweise.“ Von der ersten Minute an wurden seine Stücke unterbrochen von lautstarker Unterhaltung, hysterischem Gelächter, Getränkebestellungen und unruhig hin-und herwieselnden Gästen. Man hatte zwar Eintritt bezahlt, war aber offensichtlich nicht gewillt, sich aus satter, selbstzufriedener Bürgerruhe von noch dazu ungemütlichen Inhalten aufschrecken zu lassen. Für solche Zuhörer wären wohl doch eher besagte Heurigenschrammel angemessen gewesen.

Ignoranten gibt es aber keineswegs nur in Oldenburger Weinstuben. Pete Wyoming Bender, der immerhin 16 LPs veröffentlicht hat, wird sein erstes Bandprojekt (da spielen neben Bender und Kucera immerhin solch legendenumwobene musikalische Haudegen wie Dick Heckstall-Smith/ Ex-John Mayall und Tony Sheridan, dessen Begleitband in grauer Vorzeit eine Truppe namens „The Beatles“ war) mangels Interesse bundesdeutscher Plattenverleger aller Voraussicht nach bei der volkseigenen „Amiga“ in der DDR verwirklichen.

Kai Engelke