Rambo in Afghanistan - Prädikat „Wertvoll“

■ Der Sprecher der Filmbewertungsstelle zur Auszeichnung des Rambo III-Films / Das Prädikat bringt eine Steuerermäßigung mit sich / Vermeintliche Qualitäten von Rambo III: Der Film habe aktuellen Bezug und rege Auseinandersetzungen an

Mit dem Prädikat „Wertvoll“ hat die zentrale Filmbewertungsstelle (FBW) in Wiesbaden Rambo III ausgezeichnet. Aus Protest dagegen wollten andere Filmemacher das Prädikat ihrer Filme wieder zurügeben. Dr.Gerd Albrecht, Sprecher der FBW, verteidigt Rambos Auszeichnung

taz: Herr Dr.Albrecht, Sie können mir doch sicher erklären, was an Rambo III so „wertvoll“ ist, daß die Filmbewertungsstelle ihm dieses Prädikat verliehen hat.

Dr. Albrecht: Das werde ich Ihnen vermutlich genau nicht erklären können. Das hängt damit zusammen, daß unter den Kriterien, die die FBW anzuwenden hat - nämlich ob ein Film zur Zeitkritik etwas austrägt und eine gewisse Mindestqualität hat, wertvoll genannt werden kann. Ob er wertvoll ist, ist eine Qualifizierung, die mit dieser Bezeichnung wenig zu tun hat.

Nun gut, Sie hätten die Möglichkeit gehabt, dem Film kein Prädikat zu verleihen. Sie haben es getan. Warum?

Weil er diesen Voraussetzungen weitgehend entspricht, auch wenn er uns nicht gefallen hat. Wir sind keine Kritiker. Wir haben zu gucken, ob ein Film gewissen Qualitätsmaßstäben gerecht wird, und da sind wir zu dem Ergebnis gekommen „ja“. Wir haben geprüft: will er zeitkritische Themen ansprechen. Wir haben auch begründet, daß es hier zu einer Auseinandersetzung über die Frage der Gewalt kommen wird, über die Frage, ob Afghanistan so „gebraucht“ werden darf. Wir haben gleich in unserem Gutachten geschrieben, daß es darüber Auseinandersetzungen geben wird. Und wir sind froh, daß der Film genau das tut, was wir eigentlich erwartet haben.

Also hätte jeder Film, der in irgendeiner Form Auseinandersetzung und Widerspruch provoziert, ein solches Prädikat verdient?

Wenn er eine gewisse Qualität hat, ja.

Welche Qualität hat Rambo?

Die Qualität, daß Gewalt, daß bestimmte Werte wie der der Freundschaft, der in unserer Gesellschaft so unhinterfragt grassiert, daß diese Dinge sehr präzise herauskommen.

Das heißt, daß Gewalt sehr präzise dargestellt wird.

Ja.

Egal ob kritisch oder unkritisch?

Das muß der Film nicht kritisch machen. Das ist ihm freigestellt. Wo kommen wir denn hin, wenn wir als Voraussetzung verlangen, daß ein Film so etwas schon kritisch darstellen muß.

Also wäre für Sie ein gewaltverherrlichender Film auch ein Film, der das Thema Gewalt zu Debatte stellt und deshalb wertvoll?

Unter Umständen ja, wobei ich nicht weiß, ob Rambo III Gewalt verherrlicht. Er stellt sie dar und das sehr deutlich.

Das kann man wohl sagen! Herr Dr.Albrecht, wie ist das denn bei anderen Filmen, Filmen die z.B. sehr stark Emotionen rühren gegen Ausländer. Die thematisieren ja auch eine aktuelle Problematik. Würde ein solcher Film auch das Prädikat wertvoll bekommen?

Ich muß den Film sehen. Ich kann doch nicht abstrakt urteilen.

Welche Qualiäten außer diesem „Zeitbezug“ hat Rambo noch?

Wenn ein Film solch einen Zeitbezug hat, je deutlicher desto positiver, und wenn er eine Mindestqualität in der Gestaltung hat, dann brauchen wir nicht weitere Qualitäten. Dann bleibt uns nichts anderes übrig.

Es gab bei Ihrer Entscheidung in der Filmbewertungsstelle auch eine Minderheitenposition. Wie lauten deren Argumente?

Ich kann Ihnen das aus dem Gutachten zitieren: „Zeitgeschichte sei als Hintergrund für einen Abenteuerfilm bedenklich. Gewalt als Mittel der Durchsetzung von Zielen und seien es berechtigte - und die Darstellung von Gewalt sei unter dem Gesichtspunkt vermutbarer Konsequenzen für die Wertmaßstäbe einer Gesellschaft fragwürdig.“

Was bedeutet das Prädikat in der Praxis, ist das eine Empfehlung für die Zuschauer?

Das Prädikat bedeutet erst einmal eine Steuerermäßigung, die sich niederschlägt für den Theaterbesitzer und Verleiher. Und es bedeutet sicher für manche Kinobesucher auch eine Empfehlung, sich diesen Film anzuschauen. Mehr ist bei keinem Film zu machen. Bei keinem Film, und wir prädikatisieren im Jahr rund 200 Filme, können wir sicherstellen, daß die Auseinandersetzung so läuft, wie wir sie gern hätten. Wir leben in einem Staat, der den Zuschauern das überläßt.

Warum eigentlich nicht gleich das Prädikat „besonders wertvoll“ für Rambo?

Soll ich genauso polemisch darauf antworten?

Tun Sie es.

Weil wir nicht in jedes Fettnäpfchen treten, das irgendjemand uns hinhält wie beispielsweise Sie!

Das Interview führte Vera Gaserow