Sandkastenspiele

■ Zur Diskussion um das 'soziale Pflichtjahr' für Frauen

Der real existierende „Pflegenotstand“ eignet sich prächtig dazu, eine Idee zu lancieren, die weder neu noch gegenwärtig realisierbar ist, aber den Unionspolitikern aus vielen Gründen am Herzen liegt: das soziale Pflichtjahr für Frauen. Mit dieser Art Arbeitsdienst ließen sich die Folgen einer desolaten Sparpolitik im Gesundheitswesen kostengünstig ausgleichen. Und lernen die jungen Frauen bzw. die „Mädchen“ dabei nicht schon mal die Rolle der unbezahlten, aufopferungsvollen Dienerin am Gemeinwesen?

Doch darum geht es nur zum Teil. Alle Überlegungen zu einem „Pflichtjahr“ sind nur im Zusammenhang mit der Wehrpflicht zu sehen. Schließlich verlangt der Bundesverband „Allgemeine Dienstpflicht“ für Frauen und Männer. Wie lassen sich Frauen im großen Maßstab rekrutieren? Wie läßt sich die Reservearmee der Frauen nutzen für ein Gesamtkonzept von Verteidigung, in dem auch der „Katastrophenschutz“ eine wichtige Rolle spielt? Das ist die Frage, die Unionspolitiker umtreibt. Bislang ist eine Dienstverpflichtung nur im „Verteidigungsfall“ im Sanitätsbereich vorgesehen. Mit der Verwirklichung eines „Pflichtjahres“ würde die Ausnahme zur Regel, und die hieße dann konsequenterweise „Allgemeine Dienstpflicht“. Frauen und Männer müßten wahlweise in die Bundeswehr oder in die „sozialen“ Bereiche, der Zivilersatzdienst und damit auch der politische Wehrdienstverweigerer wären überflüssig.

Noch schiebt das Grundgesetz solchen Plänen einen Riegel vor. Mit der jetzigen Diskussion wird mal wieder an diesem Riegel gerüttelt, die Akzeptanz in der Bevölkerung und die Bereitschaft der anderen Parteien getestet, einer Grundgesetzänderung zuzustimmen. So wenig realisierbar diese Vorstöße gegenwärtig scheinen, sie werden hartnäckig verfolgt. Und sie sind leider nicht nur Sommertheater.

Helga Lukoschat