Hammadi gesteht Flugzeugentführung

Gestern morgen gestand Muhamad Ali Hammadi vor dem Frankfurter Landgericht seine Beteiligung an der Entführung einer TWA-Maschine im Sommer 1985  ■  Aus Frankfurt Heide Platen

Seit gestern morgen liegt es vor: das Geständnis des Libanesen Muhamad Ali Hammadi, an der Entführung der TWA -Maschine am 14.Juni 1987 von Athen nach Rom beteiligt gewesen zu sein. Damals waren 152 Menschen mehrmals zwischen Beirut und Algier hin- und hergeflogen und dann im Zeitraum von zwei Wochen freigelassen worden.

Nachdem in den vergangenen Wochen ein falsches, von Hammadi nicht unterschriebenes Geständnis für Verwirrung gesorgt hatte, das seine früheren Anwälte eingereicht hatten, überraschte er das Frankfurter Landgericht jetzt mit einer einstündigen Erklärung. Danach sei er im Sommer 1987 einer der zwei Entführer der Boing 727 gewesen. Ein dritter Mann hatte den Abflug verpaßt. Er habe allerdings nicht das Kommando gehabt. Auch den ihm zur Last gelegten tödlichen Schuß auf einen amerikanischen Passagier, den Marinetaucher Robert Stethem, habe er nicht abgegeben. Das gehe auf das Konto seines Komplizen, dessen Namen er allerdings nicht nennen wollte. Er habe versucht, ihn davon abzuhalten, weil sie „von den Verantwortlichen“ aus Beirut den ausdrücklichen Befehl gehabt hätten, bei der Aktion niemanden zu töten. Bisher hatte Hammadi in einem Teilgeständnis nur zugegeben, Sprengstoff in die Bundesrepublik geschmuggelt zu haben.

Hammadi erklärte, den Auftrag für die Entführung habe er von einer Organisation im Fortsetzung auf Seite 2

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Libanon erhalten, die er ebenfalls nicht nennen wolle. Die schiitische fundamentalistische Bewegung „Hizballah“, der er zugerechnet wird, mochte er als Auftraggeber nicht angeben. Vielmehr hätten „das Volk“ und mehrere Organisationen hinter der Entführung gestanden. Als Motiv nannte er die menschenrechtswidrige Mißhandlung palästinensischer und libanesischer Gefangener in israelischer Haft. Dagegen habe es im Libanon auf breiter Basis Kampagnen und Demonstrationen gegeben. Ein amerikanisches Flugzeug sei deshalb ausgewählt worden, weil die USA die wichtigsten Verbündeten Israels seien. Immerhin seien damals „fast 1.000 Leute“ von Israel freigelassen worden.

Er habe, sagte Hammadi, damals aus Überzeugung gehandelt. Zwar sage seine Religion, es sei „näher der Frömmigkeit, wenn man verzeiht“, aber „wir können nicht einen Olivenzweig tragen“, wenn das Volk von außen bedroht und vernichtet werde. Die Aktion sei kein „individueller und verachtenswerter Terror“ gewesen, sondern „Selbstverteidigung der Heimat und des Volkes“.

Muhamad Ali Hammadi erklärte dann, heute stehe er nicht mehr zu seiner Tat. Er habe sich verändert und verachte mittlerweile jede Form von Gewalttaten: „Jetzt bin ich der Auffassung, daß so etwas nicht in Frage kommt.“ Über das Ende seiner Mitwirkung an der Entführung berichtete er: „Ich verließ das Flugzeug und ging nach Hause.“ Die Maschine war nach mehrmaligen Landungen in Algier und Beirut von den gemäßigten schiitischen Amal-Milizen übernommen worden.

Hammadi wandte sich während seines Geständnisses auch an die Eltern des ermordeten Marinesoldaten, die als Nebenkläger auftreten: „Es tut mir sehr leid für alle diejenigen, die gelitten haben unter dem, was ich getan habe.“

Richter Mückenberger lobte den Angeklagten für die „sehr intelligente Darstellung Ihres Standpunktes“. Das Geständnis, über das schon seit Tagen spekuliert wurde, sei „überraschend“ gekommen und erfordere ein „Umdenken in einigen Punkten“. Die Frage, ob er „grünes Licht von höherer Stelle“ für seine Aussage bekommen habe, beantwortete er nicht. Aber er habe sich eigene „Überlegungen anhand der Wirklichkeit“ gemacht.

Daß Hammadi aussagen wollte, hatte er bereits im Dezember seine Eltern bei einem Besuch wissen lassen. Laut Aussagen eines BKA-Beamten spottete er über „seine Freunde“ im Libanon. Sie sollten sich nicht um ihn kümmern, er werde das „auch 50 Jahre“ durchstehen. Außerdem hätten ihn ohnehin „40 Amerikaner erkannt“.