Extrawurst für Frau Professor

■ Bildungssenator Franke zieht die Gattinnen von vier Professoren arbeitslosen LehrerInnen vor / GEW: Das vorgeschriebene Bewerbungsverfahren wurde mißachtet / Professor Claus Offe: „Ein kluges Angebot“

Kräftig gezaust wurde im März Bildungssenator Horst Werner Franke, als er beim Personalausschuß vier Ausnahmen vom Einstellungsstopp für LehrerInnen durchsetzen wollte. „Das ist ein Rückfall in den Feudalismus“, wetterten selbst die SPD-Parteifreunde. Grund für Schelte und

Ablehnung: Nicht arbeitslose Bremer LehrerInnen sollten die beantragten Stellen bekommen, sondern die Gattinnen von vier Professoren, die Wissenschaftssenator Franke an Universität und Hochschule locken wollte.

Der Rückfall in den Feudalismus steht mit fünfmonatiger Ver

spätung doch noch ins Haus. Franke, so hat es die Gewerkschaft Erziehung un Wissenschaft bemerkt und verkündet, hat nun einen anderen Weg gefunden, die LehrerInnen in Lohn und Schuldienst zu bekommen. Und das geht so: Im Mai genehmigte der Senat dem Bildungssenator 51,5

Stellen zum 1.8.88 für neue LehrerInnen, Ausnahmen vom Einstellungsstopp. 33,5 Stellen waren zu diesem Zeitpunkt schon vergeben, da angestellte Lehrer bereits im Herbst 1987 ihren Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis eingeklagt hatten. So blieben ganze 18 Stellen für neue LehrerInnen. Und auf diesem schmalen Einstellunskorridor schob die Bildungsbehörde nun die vier Professoren-Gattinnen an arbeitslosen BewerberInnen vorbei und teilte ihnen drei Stellen zu.

Nicht nur diese Bervorzugung ärgert die GEW. Sie kritisiert zudem, daß dabei das gesetzlich vorgeschriebene Bewerbungsverfahren außer acht gelassen wurde. So wurden diese drei Stellen weder öffentlich ausgeschrieben, noch wurde der Personalrat entsprechend den Mitbestimmungsregelungen um Einverständnis nachgefragt. Der Personalrat hatte nämlich bereits verlauten lassen, daß er der Einstellung der vier Frauen in keinem Fall zustimmen werde. In einem solchen Konfliktfall hätte eine Einigungsstelle entscheiden müssen, und diese Entscheidung, da ist sich der Personalrat sicher, wäre gegen die Frauen von auswärts ausgefallen.

Eine der vier Professoren-Gattinnen im bremischen Schuldienst wird Sabine Offe heißen. Mit dem „klugen und lebenserfahrenen

Angebot“, seiner Frau einen späten Einstieg in die Schule zu ermöglichen, habe der Bremer Senat ihm die Entscheidung erleichtert, einen Ruf nach Bremen anzunehmen, erklärte der Bielefelder Professor Claus Offe gestern gegenüber der taz. Mit Beginn des nächsten Sommersemesters will der Soziologe mit internationalem Renommee am neuen „Zentrum für Sozialpolitik“ forschen und lehren. Nach 12 Jahren, in denen sich Sabine Offe vor allem „mit Kindererziehung und Hausarbeit herumgeschlagen hat“ (Claus Offe) soll sie dann erstmals seit ihrer Studien-Assessorinnenzeit wieder vor der Schultafel stehen.

Für die kritischen Töne aus GEW- und Personalratskreisen für die Senats-Großzügigkeit zugunsten der Frauen berühmter Männer zeigte Offe Verständnis. Andererseits müsse man dem Senat zugute halten, daß er sich nach seinen „ungeheuren finanziellen und politischen Klimmzügen“ für das Zentrum für Sozialpolitik auch etwas habe einfallen lassen, um seinen Mitarbeitern den Umzug nach Bremen zu versüßen: „Stelle aufgeben, Haus verkaufen, Kinder umschulen - das ist ja doch eine erhebliche Hürde.“

Der Bildungsbehörde selbst will die Auseinandersetzung mit der GEW nicht öffentlich führen. Eine Stellungnahme war gestern nicht zu erhalten.

hbk/ks