Patchwork in Schwarz-Weiß

■ Darrell Roodts „Afrika - Land der Hoffnung“

Südafrika ist dem Rest der Welt immer ein Spektakel wert. Rund um den Globus wird für die Freiheit der Schwarzen gefilmt, gesungen, gesammelt, gefeiert und Anti -Apartheidshelden werden zu internationalen Medienstars: In Richard Attenboroughs Monumental-Schnulze „Cry Freedom“ wird das Hollywoodmärchen vom wagemutigen liberalen Weißen effektvoll in Szene gesetzt - mit dem Etikett „Leben und Tod Steve Bikos“ versehen wurde der Film weltweit zum Erfolg. In London gaben sich Popmultis von Sting bis Stevie Wonder im Juli ein Stelldichein - das Transparent „Nelson Mandela - 70 years“ über der Bühne machte die Show zum größten „Geburtstagskonzert“ aller Zeiten. Die südafrikanischen Gratulanten spielten dabei auf der Nebenbühne.

„Südafrika - Land der Hoffnung“ gehört nicht in diese Reihe. Der Film wurde von Schwarzen in südafrikanischen Studios gedreht - laut Produzent Anant Singh und Regisseur Darrell Roodt „unter größten Schwierigkeiten“, was nicht verwundert in einem Staat, in dem Produktion und Verleih von Spielfilmen normalerweise ein Privileg der Weißen ist. Seine Protagonisten sind nicht die Gallionsfiguren des südafrikanischen Widerstands. Ort der Handlung ist die Provinz, fernab der Townships, fernab des organisierten Protests.

Ich betrete das Kino mit der Erwartung, ein Stück der südafrikanischen Realität zu sehen, die hinter Solidaritätsgebrabbel und pathetischem Kitsch der weißen Medien immer mehr verschwindet. Stattdessen die alten Klischees: Im Mittelpunkt steht der Prototyp des bösen weißen Großgrundbesitzers: fett, cholerisch, brutal. Er brüllt, mordet und vergewaltigt, wann und wo immer er kann. Die schwarzen Arbeiter schweigen dazu. Nur die mutige Gracie bietet dem „Master“ Paroli. Da tritt der unvermeidliche aufrechte weiße Reporter auf den Plan. Er trifft Gracie, und von nun an wird vereint an allen Fronten gleichzeitig gekämpft: gegen den despotischen Farmer und seine Schlägerfreunde, gegen den Staatsanwalt, gegen die schwarzen Arbeiter, die nicht als Zeugen aussagen wollen, und gegen den weißen Missionspater und Hobbyarzt, der lieber auf Gott vertraut, anstatt sich zu beklagen. Und - zu allem Überdruss - gegen die Landguerilla, die vom friedlichen Protest gar nichts hält und sich getreu der alten Stammesweisheit „Ein Dorn kann nur mit einem anderen herausgezogen werden“ der Gewalt verschrieben hat.

Nicht die Klischees sind unglaubwürdig - wir wissen, daß die Wirklichkeit oft das Klischee noch übertrifft. Es ist die Plumpheit, mit der man die Personen agieren läßt. Meterdick wird in jeder Szene aufgetragen, auf daß die Intention überdeutlich werde. Das Strickmuster des Films ist so simpel wie fantasielos: Aus dem Sortiment von schwarzen und weißen Figuren nimmt man ein paar heraus und stellt sie miteinander ins Bild. Da machen sie dann, was man je nach Kombination von ihnen erwartet: Sie prügeln, streiten, trösten sich oder fabrizieren Dialoge. Und spätestens bei diesen Dialogen wird es unerträglich: Als der Reporter das Haus des Missionspaters betritt, ist dieser gerade dabei, einem angeschossenen Landarbeiter das Bein zu verarzten. Die Kamera fährt ganz nah heran, und man sieht das Fleisch dunkelrot aus der Wunde quellen, begleitet vom Stöhnen des malträtierten Patienten. Das soll erschütternd aussehen. „Ach du Schande, das sieht ja erschütternd aus“, ruft der Reporter da. „Jaja“ seufzt der Pater onkelhaft, „wenn Gott wüßte, was hier in den Bergen vorgeht...“ Der Andere staunt: „Wieso, glauben Sie, er weiß es nicht?“ Darauf der Pater: „Kann ich mir nicht vorstellen, daß er das weiß.“ Solche Szenen aneinandergebabbt ergeben noch keine Geschichte und schon gar keine Spannung. Das haben die Filmemacher anscheinend auch gemerkt und sich ein paar Tricks und Assesoirs ausgedacht, sozusagen als Bindemittel für die ganze Soße: Alle paar Szenen darf der Zuschauer sich bei einem malerischen Sonnenuntergang oder einer einsamen Straße untermalt von romantischer Streichmusik, Urwaldgetrommle oder seichtem Disko-Sound von der Action erholen. Durch dieses ohne Sinn und Verstand in den Brei gemixte Beiwerk fällt das Produkt dann erst recht auseinander.

Für die Spannung gibt es viel Blut auf Hemden, in Waschschüsseln, aus Platzwunden tropfend und dann noch hier ein bedrohliches Dunkel, da ein abrupt zur Erde sausender Eimer. Und natürlich die schwarzen Djangos im Amischlitten mit ihren Revolvern und Al Capone-Hüten, die zuguterletzt noch ein Italo-Western-Showdown hinlegen. Damit ist nicht nur das Maß an Lächerlichkeit vollgemacht, sondern auch die Botschaft (falls eine geplant war) endgültig auf der Strecke geblieben. Zurück bleibt Ratlosigkeit und die Frage, wofür man denn nun eigentlich bis zum Schluß durchgehalten hat.

Ich kann den Urhebern dieses Films nicht unterstellen, daß sie von ihrem Land nichts begriffen haben, aber daß sie vom Filmemachen nichts verstehen, haben sie mit „Land der Hoffnung“ zur Genüge bewiesen.

Helle Götz

„Afrika, Land der Hoffnung“, von Darrell Roodt, Südafrika 1987, 88 Min.