Genetisch erfaßt

Einstieg in die genetische Rasterfahndung  ■ G A S T K O M M E N T A R

Der genetische Fingerabdruck sagt Staatsanwälten mit ziemlich großer Genauigkeit, ob Blut- oder Spermaproben am Tatort vom Tatverdächtigen stammen. Die Technik ist da, doch ihre Verwendung im Strafprozeß ist völlig unklar - schlimmer noch: Auch über weitere Anwendungen herrscht Unklarheit. Der Rechtsausschuß des Bundestages hat eine Anhörung zu dem Thema zweimal verschoben, die Exekutive kann unkontrolliert vorpreschen: Seit 1986 werden die Labore der Kripo auf solche Untersuchungen vorbereitet, in Berlin sind die ersten Tests gelaufen.

In den vergangenen zwei Jahren hat die britische Patentinhaberin Cellmark Diagnostics 235 Gutachten für Strafverfahren angefertigt. 1987 mußten im britischen Leicester nach zwei Sexualmorden 5.500 Männer Blut- und Spermaproben abgeben. Damit wurde ein rechtsstaatliches Prinzip gebrochen: Jeder wurde verdächtigt und mußte seine Unschuld beweisen.

Die Technik mag in einem Mordfall ein Fortschritt sein, das meiste Geld verdient die Cellmark Diagnostics jedoch durch die britischen Einwanderungsbehörden. Mit dem Verfahren kann nämlich auch überprüpft werden, ob ein Einwanderer tatsächlich zur Familie gehört, die legal in England lebt.

Die Anwendung bei Straftätern könnte deshalb auch bei uns der Einstieg sein, um ganz andere Ziele anzusteuern und die Bevölkerung einer genetischen Rasterfahndung zu unterwerfen.

Christian Sternberg, Gen-ethisches Netzwerk