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Südafrika trickst mit Atomwaffensperrvertrag

Geheimverhandlungen in Wien / Südafrika will angeblich den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen / Experte für südafrikanische Atompolitik spricht von Manöver zur Erhaltung der IAEO-Mitgliedschaft / Gruppe der 77 hat Ausschlußantrag angekündigt  ■  Von Andreas Zumach

Genf (taz) - „Ein reines Manöver Pretorias, um die Suspendierung Südafrikas von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) zu verhindern.“ So kommentierte gegenüber der 'taz‘ der weltweit angesehene Experte für südafrikanische Atompolitik, Abdul Minthy, die gestern am IAEO-Sitz in Wien begonnenen Geheimverhandlungen über die vor knapp einem Jahr erklärte Bereitschaft des Apartheidstaates, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen. Über den Verlauf der Gespräche zwischen dem Außenminister Südafrikas, Pik Botha, und Regierungsvertretern der drei Garantiemächte des Abkommens, USA, UdSSR und Großbritannien, ist bislang nichts bekannt.

Die bis heute 137 Unterzeichnerstaaten des 1970 abgeschlossenen Atomwaffensperrvertrages sind verpflichtet, alle ihre atomaren Einrichtungen den IAEO-Inspektionen zu öffnen. Damit soll die geheime Atombombenherstellung in Atomenergieanlagen verhindert werden. Neben anderen Ländern, die im Verdacht der geheimen Atomwaffenproduktion bzw. des Besitzes von Atomwaffen stehen, hat auch Südafrika den Vertrag nicht unterschrieben.

Zwei südafrikanische Anlagen, von denen die eine mit Sicherheit, die andere wahrscheinlich zur Herstellung von für militärische Zwecke benötigtem hochangereichertem Uran dient, unterliegen nicht der internationalen Kontrolle.

Experte Minthy begründet sein Urteil mit Vorgeschichte, Umständen und Zeitpunkt der Wiener Geheimverhandlungen. Bereits im Februar 1987 hatte der Exekutivausschuß der IAEO mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit die Suspendierung der Mitgliedschaft Südafrikas empfohlen. Am ersten Tag der IAEO-Jahrestagung im September '87, die den endgültigen Supendierungsbeschluß fassen sollte, erklärte der US -amerikanische Energieminister überraschend, daß sein Land die Resolution nicht unterstützen werde, da ein „wichtiger Schritt“ Südafrikas zu erwarten sei. Dessen Premierminister P.W.Botha kündigte tags drauf die Bereitschaft seines Landes an, in Verhandlungen über eine Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages einzutreten. Die UdSSR und die anderen Staaten des Warschauer Vertrages zogen ihre Unterstützung für den von den nicht paktgebundenen Ländern der Gruppe der 77 eingebrachten Antrag zurück. Mangels Mehrheit verzichtete die Gruppe der 77 auf eine Abstimmung, und kündigte die erneute Einbringung auf der diesjährigen Jahrestagung vom 19.-23.September an.

Bothas Ankündigung im September '87 folgte kein konkreter Schritt. Minthy, einer der Verfasser der Resolution und Beobachter bei den letzten sieben Jahrestagungen:„Es gibt jedoch keinerlei Hinweise dafür, daß die Regierung in Südafrika tatsächlich bereit ist, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen und damit ihre gesamte Atompolitik und alle ihre Anlagen internationaler Kontrolle zu unterwerfen.“ Er rechnet mit einer Mehrheit für die Suspendierung Südafrikas bei der diesjährigen IAEO-Jahrestagung und mit den dafür notwendigen Stimmen der UdSSR und ihrer Verbündeten. „Das ist völlig offen und hängt vom Verhalten der südafrikanischen Regierung ab“, erklärte dazu Moskaus Vertreter bei den Verhandlungen in Wien, Timir Baew, gegenüber der taz. Ob Moskau für die Suspendierung Südafrikas stimme, falls bis zum 19. September keine positive oder überhaupt kein Reaktion aus Pretoria vorliegt, wollte er ausdrücklich nicht beantworten.

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