Baum oder nicht Baum

■ Gartenkolonisten in Mariendorf sollen ihre liebevoll gezüchteten Zierbäume kappen / Kleingartengesetz verlangt Normhöhe

Spaziert man durch die Kolonie „Türkenpfuhl“ in Mariendorf, so scheint der traditionelle Kleingarten mit Kohlkopf und Petersilie vom Gartenschick der sechziger Jahre verdrängt zu sein. Gartenzwerge nebst Rose vor Mähnenfichte und Blauzeder schmücken durch keinerlei Wildkraut verunzierte Rasenflächen; den Pächtern gefällt's.

Was nun aber der eine schön findet, gereicht dem anderen zum Graus. In diesem Fall hat das Gartenbauamt Tempelhof das Kleingartengesetz hinter sich und „fordert die Pächter auf“, zu hoch gewordene Laub- und Nadelbäume zum Teil um mehrere Meter zu kürzen bzw. zu entfernen. Die Behörde erteilte diese Auflage auch für nach der Baumschutzverordnung bereits geschützte Bäume. Diese könnten nur unter Berechnung einer Ausgleichsabgabe gefällt werden.

Der leitende Senatsrat Mahler, Chef der Oberen Naturschutzbehörde, ist der Meinung, daß die Aufforderung des Gartenbauamtes rechtmäßig sei; außerdem hätten Nadelbäume keinen ökologischen Wert, und die hohen Bäume störten das natürliche Gleichgewicht in den Gärten. Die von den Kleingärtnern zu Hilfe gerufene Baumschutzgemeinschaft empört sich über diese Aussage: Nach ihrer Erinnerung saß derselbe Herr Mahler beim Prozeß um das Kraftwerk im Spandauer Forst auf der Seite der Bewag und „verteidigte die erforderliche Rodung ohne Schamgefühl“. Von ihm käme auch „kein Einsatz für den wertvollen Bewuchs am Lenne-Dreieck, der für eine umweltzerstörende Autobahntrasse beseitigt werden soll.“

Sie verweisen auf die Berliner Baumschutzverordnung, nach der gesunde Bäume in ihrem Wachstum nicht beeinträchtigt werden dürfen.

Der stellvertretende Leiter des Gartenbauamtes erklärte, man habe außer der Kündigungsmöglichkeit für renitente Pächter keine Handhabe, die Vorschrift durchzusetzen. Da man aber nach seiner Auffassung von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen wolle, werde der Bezirksverband der Kleingärtner in Zusammenarbeit mit dem Gartenbauamt Informationen über fachgerechte Baumbeschneidungen anzubieten.

SB