Heimatlose Kiezschule

■ Das Schulprojekt in Kreuzberg verfügt immer noch nicht über ein eigenes Gebäude / Verfügbare Ausweichräume sind durch Asbestsanierung überbelegt

Mit vier Tagen Verspätung begann das Schuljahr für die SchülerInnen der Kiezschule in Kreuzberg. Wegen akuter Raumnot konnten die neuaufgenommenen SchülerInnen der siebten Klassen erst am Freitag im Gebäude am Fränkelufer begrüßt werden, das jedoch mit den Klassen 8 bis 10 voll ausgelastet ist. Erstmals seit Gründung des Schulprojektes als kombinierte Haupt- und Realschule im August 1985 umfaßt die Kiezschule nun alle Jahrgänge von der 7. bis zur 10. Klasse - und verfügt noch immer über kein eigenes Schulgebäude.

Bis zur Fertigstellung des Neubaus in der Skalitzer Straße im März '89 muß das Schulprojekt SO36 weiterhin in Kreuzberg 61 Quartier beziehen, wo die Raumsituation jedoch auch schwieriger wird. Die Räume in der Gneisenaustraße, in die die Kiezschule nach den Sommerferien umziehen wollte, sind nun von den SchülerInnen der Carl-von-Ossietzky-Schule belegt, die ihre Gebäude wegen der Asbest-Sanierung räumen mußten. „Wir sind ein indirektes Opfer der Asbestschulen geworden“, erklärte ein Lehrer.

Schließlich wurden den siebten Klassen vier Räume im Oberstufenzentrum in der Wrangelstraße angeboten. „Bei der Besichtigung traf uns fast der Schlag“, so ein Lehrer, „die Räume wären für jede normale Hauptschule viel zu klein. Für unseren Unterricht mit vielen Teilungsstunden und Unterricht in kleinen Gruppen sind sie völlig unbrauchbar.“ Daß ein Klassenzimmer von 33 Quadratmeter für 24 Kinder nicht ausreicht, sah dann auch das Bezirksamt ein.

In letzter Minute wurde SchülerInnen und LehrerInnen das Gebäude der Zille-Grundschule in der Waldemarstraße zur Verfügung gestellt, da sich der dort geplante Umbau noch verzögert. Dennoch müssen sich die Siebtkläßler in den nächsten ein bis eineinhalb Wochen mit einem Minimalunterricht in den kleinen Räumen der Wrangelstraße begnügen, denn erst danach wird die Zille-Schule frei. „Durch den verspäteten Schulbeginn, das Notprogramm in der Wrangelstraße und den Umzug in die Zille-Schule verlieren wir fast drei Wochen vom Schuljahr“, so die Meinung der Lehrer.

Das Konzept stadtteilorientierten Lernens - ein Hauptaspekt des Schulmodells - werden SchülerInnen und LehrerInnen dann erst ab nächstes Jahr im eigenen Kiez erproben können.

Christine Dankbar