Koks-Skandal in Costa Rica

Hohe Regierungsfunktionäre in Drogenhandel und Geldwäscherei verwickelt / Auch die nicaraguanische Contra mischt mit Korruption und Kokain werden in dem mittelamerikanischen Land zum Thema im Präsidentschaftswahlkampf  ■  Von Ralf Leonhard

Managua (taz) - Im friedlichen Costa Rica sorgt ein Kokainskandal für Aufruhr. Die Verwicklung von Mitgliedern der Regierungspartei und selbst von Regierungsfunktionären in Drogenhandel und Geldwäscherei hat die Partei der Nationalen Befreiung (PLN), die seit 1982 den Präsidenten stellt, in eine tiefe Krise gestürzt. Die Sicherheitsbehörden untersuchen mindestens sechs Fälle von Kokainschmuggel oder Geldwäscherei. Letzte Woche mußte erstmals in der Geschichte des Landes ein Minister vor einem Parlamentsausschuß unter Eid aussagen.

Sicherheitsminister Hernan Garron wurde am 10.August von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß zu einem Fall von versuchter Geldwäscherei vernommen, der seit Wochen Schlagzeilen macht. Am 25.Juni war der Costaricaner Mario Valverde bei seiner Ankuft aus Los Angeles mit drei Koffern voll Geld festgenommen worden. Insgesamt 749.728 Dollars waren unter dem Propagandamaterial des Präsidentschaftsvorkandidaten Araya der regierenden PLN verborgen. Die Festnahme sei nach einem Hinweis der US -amerikanischen Drogenbekämpfungsagentur DEA erfolgt, erklärte Minister Garron später. Der verhaftete Valverde sagte aus, das Geld sei für Ricardo Alem bestimmt gewesen. Alem hatte eine wichtige Rolle im Wahlkampf von Oscar Arias gespielt und war nach dessen Wahlsieg Anfang 1986 als Repräsentant Costa Ricas zur Zentralamerikanischen Integrationsbank (BCIE) entsandt worden. Im November 1987 wurde er allerdings bereits zum Rücktritt gedrängt, weil seine auffällig hohen Bankeinlagen der Regierung zu denken gaben. Alem leugnete im Juli vor der Presse jede Verbindung zum Drogenhandel und beteuerte, das Geld gehöre ihm. Sicherheitsminister Garron feuerte inzwischen den Chef der Antiterroreinheit, Oberst Campos, der das Zollpersonal angewiesen hatte, die verdächtigen Dollar passieren zu lassen. In der PLN kam es zum Eklat, als Rolando Araya das Ehrengericht der Partei aufforderte, sowohl ihn als auch Carlos Manuel Castillo, den anderen Bewerber um die Kandidatur der PLN für die Präsidentschaftswahlen 1990, vom Verdacht der Verbindungen zur Drogenszene freizusprechen. Castillo verließ aus Protest die Versammlung. Kurz darauf trat der Vorsitzende des Ehrengerichts zurück, weil “ Leute mit dem Geld der Costaricaner Vermögen angehäuft haben. Diejenigen, die davon wissen, schweigen aus Furcht, Nachlässigkeit, Kalkül oder Mitschuld“. Damit gab er der oppositionellen Christdemokratischen Einheit ( PUSC) recht, die die Korruption in der Regierung zu ihrem wichtigsten Wahlkampfthema gemacht hatte. Eine von ihr in Auftrag gegebene Meinungsumfrage erbrachte, daß der Drogenhandel und die Korruption in den Behörden als gravierendste Probleme des Landes betrachtet werden. Das Parlament will nach den jüngsten Vorfällen der Geldwäscherei gesetzliche Riegel vorschieben. In Costa Rica gibt es keine Begrenzung für Bargeldeinlagen. Ein Gesetzesvorschlag sieht Meldepflicht für die Aus- und Einfuhr von mehr als 10.000 Dollar vor und würde die Banken verpflichten, die Sicherheitsbehörden von verdächtigen Transaktionen zu informieren.

Nicht nur die costaricanische Regierung, auch die nicaraguanische Contra hat ihre Finger im Spiel. Das zeigt sich in dem Prozeß, der in der Landeshauptstadt San Jose gegenwärtig zwei Costaricanern und einem Exilkubaner wegen Drogenschieberei gemacht wird. Sie werden beschuldigt, 204 Kilogramm Kokain ins Land gebracht zu haben, die am 12.Mai 1986 bei Quepos an der Pazifikküste konfisziert wurden. Sie hatten die Flugpiste des Großgrundbesitzers Randolf Lutz Paris zum Umladen benutzt. Wie im Verlaufe der Hearings zum Iran-Contra-Skandal bekannt wurde, haben der ehemalige Berater im Nationalen Sicherheitsrat Oliver North und dessen Leute Waffenlieferungen an die Contras u.a. auch mit Drogengeschäften finanziert. Piloten flogen Marijuana und Kokain aus Zentralamerika in die USA und kehrten mit Waffen zurück. Pacheco Chinchilla, einer der Beschuldigten, war seinerzeit durch den Chef des costaricanischen Privatunternehmerverbandes (UCCAEP), Roberto Sunol, mit dem Contra-Comandante Eden Pastora zusammengebracht worden. Pacheco seinerseits hatte den Großgrundbesitzer Lutz Paris überredet, die Piste auf seiner Ranch „Boca del Naranjo“ zur Verfügung zu stellen. Lutz Paris vor Gericht: ausschließlich für Contra-Waffen, von Drogen habe er nichts gewußt. Und auch der Verteidiger Pachecos beteuerte, sein Klient habe geglaubt, lediglich Waffen zu transportieren.